Bei den bevorstehenden Parlamentswahlen in Moldau im September 2025 wird die Regierungspartei PAS wahrscheinlich die Mehrheit der Stimmen erhalten. Gleichzeitig wird sie vermutlich keine absolute Mehrheit erlangen, sondern wird eine Koalition eingehen müssen. In einem politischen Umfeld, in dem sich die PAS als die einzige pro-europäische Wahl präsentiert, ist die Förderung einer demokratischen politischen Opposition notwendig. Ein anhaltendes Problem ist die Dominanz geopolitischer Krisen im Wahlkampf, wodurch lokale Themen in den Hintergrund treten. Desinformation über soziale Medien ist weit verbreitet, insbesondere durch von Russland über russischsprachige Kanäle gestreute Propaganda.
Justizreformen
Die Justizreform ist für Moldaus EU-Beitritt von entscheidender Bedeutung, und das Land hat einige greifbare Fortschritte erzielt, wie z.B. einen verbesserten Schutz von Whistleblowern und die Einsetzung eines Ombudsmanns. Umfragen zeigen, dass 30 % der Bevölkerung Verbesserungen im Justizsystem wahrnehmen. Die Überprüfung der Richter:innen ist weitgehend abgeschlossen, und die Bemühungen konzentrieren sich nun auf die Staatsanwält:innen. Die Verfahren haben jedoch zu Unterbesetzung von Richter:innenposten geführt, was zu Verzögerungen bei Gerichtsverfahren führt. Außerdem verfügt die Behörde für Korruptionsbekämpfung noch immer nicht über ein eigenes Gebäude.
Lokale Gemeinschaften (Cahul)
Auf lokaler Ebene in Moldau, z. B. in Cahul, fehlt es oft an einem Gefühl der lokalen Identität, was es auch schwieriger macht, die Vorteile der EU-Integration auf lokaler Ebene zu vermitteln. Zu den größten Herausforderungen gehören die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung, die durch eine schlechte öffentliche Kommunikation noch verschärft werden. Den lokalen Behörden fehlt es an Vermittlungskompetenz und einem starken institutionellen Gedächtnis. Zudem gerät die Verwaltungsreform ins Stocken: Zwar ist ein neues Gesetz zur Zusammenlegung von Gemeinden bereits in Kraft, wird aber kaum genutzt. Eine Initiative zur Neuordnung der Bezirke liegt wegen Mangels an politischem Willen vorerst auf Eis.
Kinderrechte und Bildung
Moldau hat Kinder offiziell als Menschenrechtsverteidiger:innen anerkannt – ein weltweit seltener Status. Der Rechtsrahmen für den Schutz von Kindern hat sich zwar verbessert, doch die Umsetzung bleibt schwierig. Zudem besteht ein dringender Bedarf am Aufbau von Kapazitäten, um Schulen demokratischer zu gestalten. Der Lehrplan für die Schulen wird derzeit überarbeitet. Insbesondere Medien- und Informationskompetenz sollte zu einem standardmäßigen Bestandteil aller Schullehrpläne werden. Der Mangel an digital ausgebildeten Lehrer:innen behindert jedoch diesen Fortschritt.
Energiesicherheit
Die Energieversorgung ist für Moldau nach wie vor eine Schwachstelle in der nationalen Sicherheit. Derzeit fließt der Strom aus Rumänien erst durch Transnistrien, bevor er Chișinău erreicht – ein Überbleibsel aus der Sowjetzeit. Das Regime in Tiraspol ist stark von russischem Gas abhängig, weshalb die moldauische Regierung einen Reintegrationsplan für Transnistrien ausarbeiten sollte. Ein Wendepunkt steht bevor: Ende 2025 soll eine direkte Stromleitung von Rumänien nach Chișinău ans Netz gehen, was den russischen Einfluss verringern würde. Der Anteil erneuerbarer Energien am moldauischen Energiemix nimmt zu, jedoch bleibt die mangelnde Speicherkapazität eine Herausforderung.
Umweltschutz
Moldau ist eines der ökologisch anfälligsten Länder Europas, mit einem geringen Waldbestand und einer starken Abhängigkeit von der Landwirtschaft in einem trockenen Klima. Abfall- und Wassermanagement sind die größten Sorgen, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der EU-Vorschriften. Eine wirksame Umweltpolitik erfordert die stärkere Einbeziehung von wirtschaftlichen Unternehmen und Schutzmaßnahmen für Minderheitengruppen. Der kürzlich mit der EU verabschiedete Wachstumsplan enthält Umweltaspekte, aber in den nationalen Arbeitsgruppen des EU-Beitrittsprozesses sind zivilgesellschaftliche Organisationen nicht ausreichend vertreten.
Während des CAPACITY4EU-Austauschbesuchs in Berlin vom 22. bis 26. Juni 2025 tauschten sich moldauische Expert:innen mit deutschen Vertreter:innen der Zivilgesellschaft und Politiker:innen über Herausforderungen und Lösungen in verschiedenen Politikbereichen aus. Eine öffentliche Veranstaltung in Kooperation mit dem Deutsch-Moldauischen Forum unter dem Vorsitz von Johannes Schraps (SPD) bot Gelegenheit zu umfassenden Einblicken in die skizzierten Politikbereiche.
