Der belarusischen Zivilgesellschaft bleiben seit 2020 kaum noch Handlungsspielräume. Sowohl im Land selbst, als auch in der belarusischen Diaspora stehen demokratischen Kräften und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen verschiedenen Herausforderungen gegenüber. Bei der zweiten Public Debate des IEP-Projektes 'VisiBYlity for Belarusian democratic actors' wurde der Zustand der belarusischen Zivilgesellschaft und ihre Perspektiven thematisiert.
Die Menschenrechtsaktivistin Olga Smolianko wies auf die alarmierende Realität der belarusischen Zivilgesellschaft und ihre gleichzeitige Widerstandsfähigkeit angesichts der anhaltenden Repressionen hin. Demnach haben unabhängige NGOs Anpassungsstrategien entwickelt, mit denen sie die vom Staat auferlegten Beschränkungen überwinden und ihre Arbeit unter widrigen Bedingungen fortsetzen können.
Alena Aharelisheva, Gender-Expertin und Fellow des VisiBYlity-Projektes, gab Einblicke in die sich verändernde Landschaft des Frauenaktivismus in Belarus. Auffällig sei eine zunehmende Verlagerung hin zur Deinstitutionalisierung und zu Aktionen individueller Aktivist:innen nach 2020. Angesichts der eskalierenden Repressionen wenden Aktivist:innen zunehmend dynamische Strategien zur Fortführung ihrer Tätigkeiten an.
Astrid Sahm von der Stiftung Wissenschaft und Politik betonte den breiteren geopolitischen Kontext der Ereignisse in Belarus, indem sie die historische Entwicklung der belarusischen Politik und ihre aktuelle Entwicklung nachzeichnete. Das autoritäre belarusische Regime sei lange Zeit ein einzigartiges und isoliertes Beispiel in Europa gewesen, gehe nun aber aktiv Bündnisse mit anderen autoritären Regimen ein. Dieser Wunsch nach Anerkennung und Unterstützung durch andere nicht-demokratische Regierungen sei ein neues Phänomen und gebe Anlass zu ernster Sorge.
Monika Lenhard, Leiterin des Referats für Russland, Belarus, GUS im Auswärtigen Amt, sprach über die Position Deutschlands gegenüber dem belarusischen Regime. Besonders diplomatische Signale und Programme der EU zur Unterstützung politischer Gefangener seien derzeit bedeutend. Während die offiziellen diplomatischen Beziehungen sich weitgehend auf technische Absprachen beschränken, dauern Bemühungen zur Unterstützung demokratischer Kräfte in Belarus an.
Die Diskussionsteilnehmenden erörterten darüber hinaus die Rolle von Swjatlana Zichanouskaja und würdigten ihre unverzichtbare Rolle als Vertreterin eines demokratischen Belarus im Ausland. Gleichsam sei ihr Einfluss innerhalb von Belarus angesichts der anhaltenden Repressionen stark eingeschränkt. Umso wichtiger sei die geplante Durchführung von Wahlen innerhalb der belarusischen Diaspora, um dem Koordinierungsrat Legitimität zu verleihen und den demokratischen Wandel in Belarus zu fördern.
Als Diskussionsgrundlage dienten zwei Hintergrundpapiere über die Herausforderungen belarusischer Zivilgesellschaft von Olga Smolianko und Alena Aharelyshevas. Ersteres beleuchtet die Realitiät staatlicher Repressionen. Das zweite Papier thematisiert die Rolle und Widerstandsfähigkeit belarusischer Frauen.
Link zu den Hintergrundpapieren