Die Regierungspartei „Georgischer Traum“ hatte sich nach den Parlamentswahlen vom 26. Oktober 2024 mit einem offiziellen Wahlergebnis von knapp 54 Prozent zum Sieger erklärt. Unzählige Berichte von Wahlfälschungen und -Betrug sowie Einschüchterung und Bestechung der Wähler:innen im Vorfeld der Wahl werfen jedoch erhebliche Zweifel an der Legitimität der neuen Regierung auf. Durch ein komplexes Netz sozialer und wirtschaftlicher Abhängigkeiten sowie korrupter Strukturen, war die Regierung in der Lage, die Bevölkerung im Vorlauf der Wahlen verstärkt unter Druck zu setzen. Dies betraf insbesondere Menschen in den ländlichen Regionen. Anfang Dezember haben weder die Opposition noch ein Großteil der internationalen Gemeinschaft das Wahlergebnis noch immer nicht anerkannt. Die Abgeordneten der meisten Oppositionsparteien haben sich geweigert, ihre Mandate anzutreten oder die Parlamentsarbeit unter der aktuellen Regierung aufzunehmen.
Die georgische Opposition und Zivilgesellschaft fordern mehr Unterstützung seitens der EU. Klare Maßnahmen wie Sanktionen scheinen aufgrund der Einstimmigkeitserfordernis im Rat jedoch unwahrscheinlich. Die Ankündigung der Regierung, bis 2028 den EU-Integrationsprozess aussetzen zu wollen, nimmt der EU zusätzlich mögliche Hebel zur Einflussnahme. Vor diesem Hintergrund wird es in den kommenden Jahren umso wichtiger sein, die georgische Zivilgesellschaft finanziell und strukturell zu unterstützen und in die politische Bildung insbesondere der jüngeren Generationen zu investieren.
Die Austauschreise unter dem Thema „Quo Vadis, Georgien?“ für deutsche Vertreter:innen der Zivilgesellschaft wurde im Rahmen des Projekts „GEO4EU“ gemeinsam mit dem „Georgian Institute of Politics“ als Partnerorganisation durchgeführt. Es fanden zahlreiche Treffen in der Hauptstadt Tbilisi, aber auch in ländlichen Regionen, mit Vertreter:innen der georgischen Zivilgesellschaft statt. Eine Plattform für umfassenden Austausch bot außerdem das Exchange Lab: Die Veranstaltung fand unter Chatham House Regeln statt und diente als Plattform für deutsche und georgische Expert:innen, aktuelle innen- und außenpolitische Entwicklungen in Georgien zu diskutieren.
Photo Credits Exchange Lab: Zaza Nikolozishvili