Welche Faktoren machen die Rechtsstaatlichkeit widerstandsfähig gegenüber Bedrohungen und Krisen? Und wie kann der EU-Beitrittsprozess zu resilienten Institutionen beitragen?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt der dreitägigen Konferenz, die vom Institute for Democracy „Societas Civilis“ – Skopje (IDSCS) in Zusammenarbeit mit dem IEP organisiert wurde. Die Veranstaltung fand vom 5. bis 7. Mai 2025 in Skopje statt und markierte den Start des Projekts „RESILIO-ACCESS: Resilience Observatory on the Rule of Law in EU Accession Candidates“.
Das Treffen brachte Experten aus Wissenschaft, Think Tanks und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Nordmazedonien und darüber hinaus zusammen, die an Fragen im Zusammenhang mit Rechtsstaatlichkeit und EU-Integration arbeiten.
Marko Troshanovski, Präsident des IDSCS, betonte, dass die Einbindung der Kandidatenländer in die Rechtsstaatlichkeitsmechanismen im EU-Erweiterungsprozess einen positiven Schritt darstelle, sodass sie wie die EU-Mitgliedstaaten nach denselben Kriterien bewertet werden können. Er betonte, dass gerade in Zeiten von Krieg und geopolitischen Umbrüchen die Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Staaten resilienter machen.
IEP-Direktorin Prof. Dr Funda Tekin erläuterte das Ziel des RESILIO-ACCESS-Projekts. Resilienz sei nicht nur als Modewort zu sehen. Vielmehr sei ein widerstandsfähiger Rechtsstaat Kern von Demokratie. Daher müssten die institutionellen und sozialen Faktoren erforscht werden, welche die Rechtsstaatlichkeit stärken oder destabilisieren.
Mira Luthe-Xu, Projektmanagerin bei der Stiftung Mercator, verdeutlichte die Bedeutung der Resilienz von Rechtsstaatlichkeit angesichts des Drucks, unter dem sie in vielen EU-Mitgliedstaaten und Beitrittskandidaten steht.
Die Konferenz endete mit einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Rechtsstaatlichkeit und EU-Beitrittsprozess – Herausforderungen und Chancen für Beitrittskandidaten und die EU“, moderiert von Borjan Gjuzelov (IDSCS). Das Gespräch konzentrierte sich auf die Überwachung der Dimension der Rechtsstaatlichkeit während des EU-Beitrittsprozesses und den geopolitischen Kontext des Beitritts.
Prof. Dr. Funda Tekin (IEP) hob zwei Logiken hervor, die den EU-Beitrittsprozess beeinflussen: einerseits eine leistungsabhängige Modernisierungslogik, die auf die Demokratisierung in den Beitrittskandidaten fokussiert, und andererseits eine geopolitische Logik, die Sicherheit und Einfluss der EU priorisiert. Letztere habe nach der russischen Aggression gegen die Ukraine an Bedeutung gewonnen, sei aber nicht ausreichend für eine nachhaltige Förderung der Rechtsstaatlichkeit, so Tekin.
Prof. Dr. Marko Krtolica (Ss. Cyril and Methodius Universität, Skopje) argumentierte, dass Politisierung und Verzögerungen im Beitrittsprozess die transformative Kraft der EU untergraben. Er zog dabei die Erfahrung Nordmazedoniens als warnendes Beispiel heran. Außerdem warnte er: „Die Demokratie ist kein Selbstläufer – Rückschritte sind auch nach EU-Mitgliedschaft möglich.“
Prof. Dr. Bohdan Veselovskyi (Taras Shevchenko Universität, Kyjiw) teilte Einblicke in die Reformanstrengungen der Ukraine trotz des andauernden russischen Angriffskriegs. Er hob hervor, dass die Rechtsstaatlichkeit entscheidend für den nationalen Zusammenhalt sei, sodass bedeutende Reformen sowohl aufgrund von EU-Vorgaben als auch von Forderungen der ukrainischen Bürger:innen vorangetrieben werden.
Ähnlich argumentierte Simonida Kacarska (European Policy Institute, Skopje), dass innerhalb der Beitrittsländer ein Bedarf und Interesse an Reformen gestärkt werden müsse – unabhängig von den Anforderungen des EU-Beitrittsprozesses.
Die Erkenntnisse der Konferenz fließen in das RESILIO-ACCESS-Projekt ein, das IDSCS und IEP gemeinsam umsetzen. Es zielt darauf ab, die Resilienz der Rechtsstaatlichkeit in EU-Kandidatenländern zu messen.
RESILIO-ACCESS wird von der Stiftung Mercator gefördert.