Das Jahr 2020 und die anhaltende COVID-19-Pandemie haben eines ganz deutlich gemacht: Kooperation, Netzwerken und Ideenaustausch sind Kernelemente von Forschung und wissenschaftlicher Entwicklung. Das „Eurasia Lab & Fellowship Program“ kam daher genau zur richtigen Zeit und hat zum Ziel, kreative und effektive Wege zu finden, um die Zusammenarbeit und Vernetzung vor allem für junge Forscher:innen aus Zentralasien, dem Südkaukasus und Osteuropa zu fördern.
Der zweite Workshop des „Eurasia Lab & Fellowship Program“ verfolgte einen ähnlichen praxisorientierten Ansatz wie der erste Workshop einen Monat zuvor und befasste sich mit dem Thema „Developing Project Ideas and Writing Funding Applications“. Die virtuelle Veranstaltung gab den über 90 Expert:innen und Forscher:innen, die in oder zu Zentralasien, dem Südkaukasus und Osteuropa arbeiten, die Möglichkeit, ihr Wissen und ihre Kompetenzen bezüglich der Entwicklung von Forschungsideen, des Aufbaus von Netzwerken von Partnerinstitutionen sowie der Beantragung von Forschungsgeldern zu erweitern.
Zunächst stellte Prof. Dr. Tanja Börzel vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin die „Do's und Don’ts“ des Schreibens von Förderanträgen vor. Sie betonte dabei, dass die Pandemie die Möglichkeiten biete, sich für neue Formate zu öffnen, wie beispielsweise der einzigartigen Chance, dass dank Online-Formaten Teilnehmer:innen aus so vielen verschiedenen Ländern gleichzeitig versammelt sein können. In ihrem lebhaften Vortrag teilte sie mit den Teilnehmer:innen ihre langjährigen Erfahrungen, die sie sowohl in der Rolle der Antragstellerin als auch in der Rolle als Mitglied eines Auswahlkomitees für Forschungsstipendien gesammelt hatte.
Eine der größten Herausforderung, die die sehr vielfältige Förderlandschaft mit sich bringt, bestehe ihr zufolge darin, das geeignete Förderprogramm zu finden, das auch zum eigenen Forschungsschwerpunkt sowie dem Forschungsdesign passe. Sie erläuterte, dass sich die Unterschiede in der Förderungslandschaft insbesondere anhand vier Hauptkriterien erklären ließen: individuelle vs. Kooperationsforschungsprojekte, Grundlagenforschung vs. angewandte Forschung, Auftragsforschung vs. programmatische vs. „freie“ Forschung sowie nationale vs. internationale Förderprogramme. Außerdem sprach Prof. Dr. Börzel über die wichtigen Lerneffekte, wie gegenseitige Inspiration, Erfahrungsaustausch und die Herausforderung, immer wieder die eigene Komfortzone zu verlassen, wie sie insbesondere Kooperationsforschung mit sich bringen und wie sie bspw. durch das EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizont 2020“ stark gefördert werden. Und dennoch, so betonte sie, sei es auch enorm wichtig, einem Prinzip zu folgen, nämlich: „Hier kocht der Chef!“ Sie warnte die Teilnehmer:innen eindringlich, das Schreiben eines Förderantrags niemals ganz aus der Hand zu geben und stattdessen immer selbst auch Teil des Antragsprozesses zu sein. Im selben Atemzug sei es wichtig, niemals den administrativen Aufwand und die Herausforderungen, die mit der Beantragung und Verwaltung von Fördergeldern einhergehen, zu unterschätzen.
Im zweiten Teil des Workshops stellten Dunja Hofmann von der Kooperationsstelle EU der Wissenschaftsorganisationen (KoWi), Dr. Kirsten Kienzler vom DLR Projektträger und Dr. Matthias Nöllenburg von der VolkswagenStiftung die spezifischen Förderprogramme für Forschungsvorhaben in Zentralasien, dem Südkaukasus und Osteuropa ihrer Institutionen vor. Eine der wichtigsten Informationen für die Teilnehmer:innen war dabei, dass gerade eine Förderung auf EU-Ebene zwar ein transnationales Forschungsteam und ‑netzwerk fordere, gleichzeitig aber auch an die Bedingung geknüpft sei, dass das Gastinstitut innerhalb der EU oder auch eines bestimmten EU-Mitgliedstaates liegen muss – ein weiterer Grund also, warum transnationale Vernetzung so wichtig ist.
In der anschließenden Q&A‑Runde diskutierten die Expert:innen mit den Teilnehmer:innen die Entwicklung einer eigenen Forschungskarriere, Vor- und Nachteile von interdisziplinären und monodisziplinären Forschungsprojekten sowie die Frage, wie das eigene Forschungsprojekt am besten innerhalb eines Spektrums von aufbauender Forschung auf der einen Seite und bahnbrechenden Forschungsansätzen auf der anderen Seite positioniert werden kann und wie dafür jeweils die geeignetsten Förderprogramme gefunden werden können.
Am Ende des Workshops wechselten die Teilnehmer:innen zu der Online-Plattform „Wonder“. Diese ermöglichte es, sich frei in einem virtuellen Raum zu bewegen und sich entweder an Gruppendiskussionen zu beteiligen oder in den individuellen Austausch mit anderen zu treten. Die Chance zum informellen, wenn auch virtuellen, Austausch wurde von den Teilnehmer:innen als sehr positiv aufgenommen, die in der Plattform ein interessantes neues und interaktives Format sahen, nachdem ja gerade im Zuge der COVID-19-Pandemie in diesem Jahr der persönliche und informelle Austausch nach Fachveranstaltungen leider eher schwierig geworden ist. Die Teilnehmer:innen nutzten die Gelegenheit, um spezifischere individuelle und karrierebezogene Fragen zu stellen und sich mit den Expert:innen über konkrete Forschungsideen und Finanzierungsmöglichkeiten auszutauschen. Gleichzeitig half es den Teilnehmer:innen, sich untereinander zu vernetzen, zu bereits bekannten Gesichtern wieder Kontakt aufzunehmen oder auch neue Kontakte für eventuelle zukünftige Zusammenarbeit zu knüpfen. Schließlich trug der Abschlussteil des Workshops zu einem der wichtigsten Punkte bei, den Prof. Dr. Börzel unermüdlich wiederholt hatte: Kommunikation, Kooperation und das Einbeziehen unterschiedlicher Perspektiven sind der Schlüssel für erfolgreiche Forschung!