Obwohl eine demokratische Regierungsform und Rechtstreue zu den Grundprinzipien der Europäischen Union gehören, scheint die Rechtsstaatlichkeit in vielen Mitgliedstaaten nicht gesichert. Der im Juli 2022 veröffentlichte Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission gibt Anlass zur Sorge. In einigen Mitgliedstaaten sind beunruhigende Tendenzen zu beobachten, wie die Schwächung der Justiz und ein Abbau demokratischer Kontrollmechanismen (Ungarn, Polen), eine unzureichende Korruptionsbekämpfung (Bulgarien, Griechenland, Malta) oder missbräuchliche Verwendungen von Spionageprogrammen zu politischen Zwecken (Frankreich, Spanien, Griechenland). Diese Entwicklungen erfordern ein koordiniertes Vorgehen auf europäischer Ebene.
Der Beginn einer Zeitenwende — ein neuer geopolitischer Druck, unter dem die EU weiterhin funktionieren und ihre demokratische Architektur schützen muss – bedeutet zudem eine neue Orientierung hin zu einer proaktiven Verteidigung europäischer Werte, wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Sie könnte daher als Impuls für eine Neugestaltung der europäischen Politik in diesem Bereich dienen.
Um dies zu erreichen, ist eine kritische Bewertung der bestehenden Instrumente zur Bekämpfung der Rechtstaatsregression in der EU und Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen erforderlich. Dazu gehört nicht nur eine Bestandsaufnahme der bisher entwickelten Instrumente, sondern auch die Ermittlung der politischen Voraussetzungen für ihre Wirksamkeit in einer neuen Realität.
Um diesen Herausforderungen entgegenzutreten, bereitet das IEP in Kooperation mit dem EU-Office Brüssel der Friedrich-Ebert-Stiftung ein Mapping der EU-Toolbox zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit vor und bewertet dessen technische, rechtliche und politische Umsetzung. In Form eines Policy Briefs wird das IEP das bestehende Instrumentarium systematisieren und die politischen Umstände seiner Anwendung untersuchen. Zusätzlich wird die Analyse die Effizienz aktueller Instrumente bewerten und Ideen zu deren Verbesserung vorschlagen, die über den derzeit bestehenden Rahmen hinausgehen.