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Hintergrund – YCA
29.03.2021

David Mark / Pixabay
David Mark / Pixabay

Zentralasien gewinnt immer mehr an globaler Bedeutung. Ein zentraler Treiber für gesellschaftlichen Wandel ist die Stärkung der Jugendpolitik. Deutschland möchte hier eine Vorreiterrolle bei der Umsetzung der EU-Zentralasienstrategie übernehmen.

Die EU baut ihre Beziehungen zu Zentralasien aus – Neue Verantwortung für Deutschland

Berlin, 29.03.2020

Zentralasien gewinnt immer mehr an globaler Bedeutung. Die Macht liegt in den Ländern der Region aber in der Hand weniger. Ein zentraler Treiber für gesellschaftlichen Wandel ist die Stärkung der Jugendpolitik. Deutschland möchte hier eine Vorreiter- rolle bei der Umsetzung der EU-Zentralasienstrategie übernehmen.

Endlose Weiten, raue Gebirgsketten, riesige Metropolen – Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan bilden die Region Zentralasien. Die einstigen Sowjetrepubliken haben ein ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle und eine junge Bevölkerung. Das Durchschnittsalter liegt bei 27,6 Jahren. Jugendliche und junge Erwachsen werden in dieser entscheidenden Lebensphase selbstständig, qualifizieren sich und suchen ihren Platz in der Gesellschaft. Die EU-Strategie legt besonderen Wert auf die Stärkung der Jugend in den zentralasiatischen Staaten. Nun gilt es, Ansatzpunkte und Initiativen zu identifizieren, um spürbare, nachhaltige Anregungen zu ge- ben und Unterstützung zu leisten – für die Entwicklung junger Menschen und damit letztlich ihrer Gesellschaften. Deutschland ist bereit, hier Verantwortung zu tragen.

Eine herausgehobene Stellung der jeweiligen Präsidenten und Machtkonzentration prägen die Regierungssysteme. Im abgeschotteten Turkmenistan wird die Bevölkerung durch ein totalitäres System beherrscht. Im bitterarmen Tadschikistan unterdrückt der zunehmend totalitär agierende Präsident Emomalij Rahmon die Opposition und kündigt damit schrittweise die Friedensvereinbarung auf, welche 1997 den Bürgerkrieg beendete. Auch die Usbeken sind in ihren Rechten eingeschränkt. Allerdings hat der 2016 angetretene Präsident Shavkat Mirziyoyev einen entgegengesetzten Kurs eingeschlagen und zaghafte Liberalisierungsschritte hin zu einer moderneren Autokratie ergriffen.

Kirgisistan, ebenfalls extrem arm, galt lange als das Musterbeispiel in Zentralasien, weil es das einzige funktionierende parlamentarische System hatte. Aktuell ist zu befürchten, dass der im Januar 2021 als Präsident gewählte Sadyr Dschaparow eine präsidentielle Autokratie wie in den anderen fünf Staaten etablieren wird. In Kasachstan, wo es vielen Menschen ökonomisch vergleichsweise gut geht, haben sich die Erwartungen an eine Demokratisierung noch nicht erfüllt: Präsident Qassym-Schomart Toqajew der 2019 das Amt angetreten hat, ist immer noch dabei, seine Macht zu konsolidieren.

Der Unterschied zwischen dem Land, wo Nomaden in Jurten leben, und modernen Retortenstädten ist immens. Vor allem die Jüngeren wachsen mit Verheißungen einer blühenden Zukunft auf: Zugang zu Bildung, Digitalisierung und schließlich zu einem wohlhabenderen Leben. In der Folge gibt es eine massive Landflucht der Jugend. In Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan liegt die Perspektive nicht einmal im eigenen Land. Die Auswanderung nach Russland und zunehmend auch nach Kasachstan gilt als Aufstieg. Diese Auswanderung macht die Länder abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Länder, in denen die Wanderarbeitenden schlecht bezahlt werden, wenig Rechte besitzen und oft zuerst entlassen werden.

Die Landflucht führt zu massiven Infrastrukturproblemen in den schnell wachsenden Städten. Kasachstan, Tadschikistan und Usbekistan haben sich vom nahen China eine Strategie zum Umgang mit dieser Herausforderung abgeschaut: der Bau neuer Städte. Die Zukunftsversprechen an die Jugendlichen werden indes kaum eingelöst – die meisten bleiben in den Städten genauso arm, wie sie es auch auf dem Land gewesen wären. „Zudem gibt es eine Diskussion, wie lange die Agrarwirtschaft die Abwanderung überhaupt noch aushält. Damit droht ein weiterer Sektor in den ohnehin wenig diversifizierten Ökonomien der Region weiter geschwächt zu werden,“ berichtet Julian Plottka, Wissenschaftler vom Institut für Europäische Politik in Berlin.

2019 ist die Zentralasien-Strategie in Brüssel neu aufgelegt worden. Ins Leben gerufen wurde sie 2007. Zu dieser Zeit nutzten die USA und ihre europäischen Verbündeten Zentralasien, aufgrund der geografischen Nähe, als militärische Basis für ihren Einsatz in Afghanistan. „Nach wie vor besteht die Gefahr, dass es zu einer Destabilisierung in der Region kommen kann, wenn afghanische Konflikte in den Norden getragen werden“, erläutert Plottka.

Bereits seit dem 19. Jahrhundert ist Zentralasien Gegenstand außenpolitischer Interessen von Russland. Plottka erklärt: „Die Infrastruktur ist noch auf die Sowjetunion ausgelegt, bis dahin, dass die Russen ihre Raketen im Kosmodrom in Kasachstan starten lassen.“ Kirgisistan und Kasachstan sind Mitglied der von Russland dominierten, eurasischen Wirtschaftsunion.

Mit dem Bau der neuen Seidenstraße, der Belt and Road Initiative, gewinnt auch China zunehmend Einfluss in der Region. Dabei ist Zentralasien entscheidend für die Landverbindung zwischen China und Europa. Mit seinen enormen Investitionen, die höher als der EU-Haushalt sind, baut China nicht nur eine Handelsinfrastruktur, sondern schafft auch politische Abhängigkeiten und exportiert seine Normen und Standards.

Während der COVID 19-Pandemie hat sich gezeigt, dass Infrastrukturinvestitionen auch im europäischen Interesse sind. Als der Verkehr mit Passierflugzeugen weitestgehend eingestellt wurde, ist ein Teil der weggefallenen Frachtkapazitäten auf die Eisenbahnverbindung zwischen China und Europa verlagert worden. Auf teure Flugzeuge und lange Schifffahrten kann zukünftig wohl stärker verzichtet wer- den.

Die zentralasiatischen Regierungen balancieren ihre Beziehungen mit Russland, China und der EU geschickt aus. Nach der Abwahl Donald Trumps und dem Amtsantritt der Biden-Administration ist auch wieder mit einem stärkeren Engagement der USA in der Region zu rechnen. Um Abhängigkeiten vorzubeugen, kooperieren die Länder in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlichen Partnern.

Mit der Initiative zur Jugendpolitik stellt die EU als normative Macht ein Kooperationsangebot, das einerseits attraktiv für die Region ist und andererseits demokratische Werte aufrechterhält. Konkret gilt es, Zivilgesellschaften, Berufsausbildungen und Hochschulen zu stärken. Diese Schritte sollen Reformansätze unterstützen – ausgehend von den Betroffen. „Die Jugend zum Handeln zu ermutigen, ist ein großes, aber lohnendes Ziel. Die jungen Menschen können darin unterstützt werden, ihren Weg zu bestimmen und durchzusetzen“, erklärt Plottka.

Deutschland kann sich mit seinem weltweit einzigartigen dualen Ausbildungssystem an dieser Stelle besonders einbringen. Wenn zentralasiatische Unternehmen gut ausgebildete Arbeitskräfte einstellen können, fördert das die Produktivität und schafft jungen Menschen eine Lebensperspektive im eigenen Land. Des Weiteren sollten Universitäten eng in den Bereichen Forschung und Entwicklung mit der Wirtschaft kooperieren. Die Förderung von Innovationen trägt zu mannigfaltigeren Wirtschaftsaktivitäten in der Region bei und reduziert Abhängigkeiten vom Ausland.

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Über das YCA – Young Central Asia Projekt: Zentralasien gewinnt immer mehr an globaler Bedeutung. Die Macht liegt in den Ländern der Region aber in der Hand weniger. Ein zentraler Treiber für gesellschaftlichen Wandel ist die Stärkung der Jugendpolitik.

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