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Neue Tendenzen in der bilateralen Zusammenarbeit – 18. Ukraine-Frühstücksgespräch
10.06.2020

Gurn
Gurn

Nach einem Jahr Amtszeit von Präsident Selenskyi ziehen wir Bilanz und sprechen über die künftigen Prioritäten der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit. Anlass ist die Publikation eines Policy Papers, das aus einer Kooperation des IEP mit dem New Europe Center hervorgegangen ist.

Wie ist der Stand der deutsch-ukrainischen Beziehungen und wie muss die Partnerschaft in Zukunft gestaltet werden, um den unterschiedlichen Erwartungen beider Seiten gerecht zu werden? Im Rahmen des 18. Ukraine-Frühstücksgesprächs zum Thema „Deutsch-ukrainische Beziehungen: Neue Tendenzen in der bilateralen Zusammenarbeit?“, das am Mittwoch, den 10. Juni 2020, stattgefunden hat, haben Expert:innen und Teilnehmer:innen gemeinsam Antworten auf diese Fragen gefunden. Zum ersten Mal im Format einer Online-Veranstaltung, hat dieses Frühstücksgespräch die Relevanz des regelmäßigen Austauschs über aktuelle Themen im deutsch-ukrainischen Kontext erneut bestätigt.

Die Diskussionsgrundlage bot diesmal das Policy Paper, das aus der Zusammenarbeit des Instituts für Europäische Politik (IEP, Berlin) mit dem New Europe Center (NEC, Kyjiw) im Rahmen des Projekts „Europeanization beyond Process“ entstanden ist und von den Open Society Foundations unterstützt wurde. Die Basis der Publikation bilden Interviews, welche die Autor:innen Dr. Susan Stewart von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP, Berlin) und Ljudmyla Melnyk, Institut für Europäische Politik (IEP, Berlin) und Projektmanagerin von GURN für die deutsche Seite, und Alyona Getmanchuk und Sergiy Solodkyy vom New Europe Center (NEC, Kyjiw) für die ukrainische Seite im Zeitraum von Februar bis März 2020 durchgeführt hatten. Die Autor:innen stellten nun nicht nur ihre wichtigsten Erkenntnisse vor, sondern gingen darüber hinaus auch auf Fragen der Gesprächsteilnehmer:innen zum Status quo und den Erwartungen beider Seiten an die deutsch-ukrainischen Beziehungen ein. Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem Berlin Policy Hub organisiert, das auch die Publikation des Policy Papers unterstützt hat.

Nach einer kurzen Begrüßung durch Dr. Katrin Böttger, Direktorin am IEP, und nachdem sich die Gäste mit einer Tasse Kaffee an den heimischen Schreibtischen eingerichtet hatten, erläuterte Alyona Getmanchuk (NEC) die Prioritäten sowie die Erwartungen der ukrainischen Seite an die bilaterale Zusammenarbeit. Die Expert:inneninterviews für das Policy Paper ergaben hier, dass sich der außenpolitische Schwerpunkt unter Präsident Selenskyj von der Suche nach Verbündeten hin zu der Suche nach Investor:innen verschoben hat. Daneben bleibe die Lösung des Konflikts im Donbass einer der wichtigsten politischen Schwerpunkte ein Umstand der auch mit den Prioritäten der deutschen Seite übereinstimmt, wie Dr. Susan Stewart (SWP) hervorhob. Weiterhin sei in den Interviews deutlich geworden, dass insbesondere der ukrainische Reformprozess hierzulande als wichtiges Element wahrgenommen wird, so Dr. Stewart weiter. Ein schleppender Reformfortschritt würde von deutscher Seite aus sogar als größeres Hindernis für den Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wahrgenommen als der Krieg im Donbass, ergänzte Ljudmyla Melnyk (IEP).

Sergiy Solodkyy (NEC) konstatierte, dass die ukrainische Politiker:innen unter Präsident Selenskyj einige Erwartungen an Deutschland hätten, darunter nicht nur die Unterstützung beim Austausch von Gefangenen, sondern auch für den Beitritt zum Abkommen über die Konformitätsbewertung und die Anerkennung gewerblicher Produkte (ACAA). Dass die deutsche Seite dabei viel Wert auf Fortschritte im Reformprozess lege, stelle kein Hindernis für die deutsch-ukrainischen Beziehungen dar, äußerte Dr. Susan Stewart (SWP). Vielmehr sei es die Verbindung von Investitionen und Reformen, die für die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und der Ukraine in Zukunft richtungsweisend sein könnte.

Des Weiteren zeigte sich, dass sich die deutsche Seite eine noch stärker formalisierte und institutionalisierte Kommunikation zwischen den beiden Ländern wünscht, während die ukrainische Seite mehr Wert auf Kommunikation mit einer persönlichen Note legt. Weiterhin werde eine mangelnde Koordinierung zwischen den ukrainischen Ministerien als Hindernis in der Zusammenarbeit wahrgenommen.

Ljudmyla Melnyk (IEP) fügte hinzu, dass die Wiedereinführung eines jährlich stattfindenden, hochkarätigen Kommunikationsformats, wie es unter Leonid Kutschma und Gerhard Schröder bestand, zu einer verbesserten Kommunikation und Koordinierung auf beidem Seiten beitragen könne.

Insgesamt blieben die deutsch-ukrainischen Beziehungen trotz der genannten Unterschiede in Prioritätensetzung und Wahrnehmung eine wichtige strategische Komponente in der Außenpolitik beider Länder, was sich an dem ständigen Austausch auf verschiedenen Ebenen erkennen ließe, so die Expert:innen. Dies würde sich nicht zuletzt auch in dem guten Verhältnis widerspiegeln, welches die beiden Außenminister, Dmytro Kuleba und Heiko Maas, pflegten.

Das 18. Ukraine-Frühstücksgespräch fand im Rahmen des Projektes „German Ukrainian Researchers Network“ (GURN 1, 2019-2020) statt. Das Format wird seit März 2021 als Teil des Projektes GURN 2 fortgesetzt und vom Auswärtigen Amt gefördert.

Über das GURN – German Ukrainian Researchers Network Projekt: Die Zusammenarbeit zwischen Think-Tanks und Politik soll gestärkt werden. Schwerpunkte von GURN sind Wissenstransfer, Capacity Building und bilateraler Dialog. Über aktuelle Entwicklungen und die deutsch-ukrainischen Beziehungen wird sich in vielfältigen Formaten ausgetauscht.

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Bild Copyright: Gurn, Pixabay