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The Future of Europe: Questions, Concepts and Actors
29.09.2022

IEP
IEP

Welche Auswirkungen hat der russische Angriffskrieg und was bedeutet die "Zeitenwende" für die GASP und GSVP der EU, die Wirtschafts- und Klimapolitik und die Zukunft der Rechtsstaatlichkeit? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Experten auf der diesjährigen IEP-Jahreskonferenz.

Bilder der Jahrestagung 2022

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine betriff alle EU-Politikbereiche weit über die Sicherheits- und Verteidigungspolitik hinaus. Vor dem Hintergrund der vielfältigen aktuellen Krisen gibt es derzeit mehr Fragen als Antworten. Eine Gewissheit aber bleibt: Die EU bietet die Basis und die notwendige Stärke gegen alle Herausforderungen. Vorausgesetzt sie bleibt geeint und widerstandsfähig. Der aktuelle Wendepunkt der EU ist ein Prozess, kein einmaliges Ereignis. Die Ankündigung der „Zeitenwende“ in Deutschland ist nur ein Beispiel für die Veränderungen, die die EU durchlaufen muss, um sich an die neue Realität anzupassen.

EU könnte sich als ergänzender Akteur zur NATO erweisen

Wenn es um die Zukunft der EU-Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik geht, stellt sich vor allem die Frage, was für ein "Tier" die EU als Verteidigungsakteur ist. Die aktuelle Krise hat die Vorrangstellung der NATO hinsichtlich der Verteidigung in Europa gestärkt. Die EU verfügt jedoch über ein breites Instrumentarium in der Verteidigungspolitik und könnte sich als wichtiger ergänzender Akteur zur NATO erweisen, wenn sie ihr Potenzial ausschöpft. Indem sie zum Beispiel die Entscheidungsstrukturen stärkt, etwa durch einen Rat der Verteidigungsminister in der EU, oder die Zusammenarbeit bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern verstärkt. Die EU könnte auch politisches Kapital für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten bereitstellen. Es bleibt abzuwarten, ob dies Fokusthemen der Europäischen Politischen Gemeinschaft, die am 6. Oktober 2022 zum ersten Mal zusammengetreten ist, sein werden.

Rückschritt der Rechtsstaatlichkeit in der EU verhindern

Um ein bedeutender Akteur in ihren Außenbeziehungen zu sein, muss die EU gleichzeitig "ihr eigenes Haus in Ordnung halten". Die Toolbox der EU zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ist in den letzten Jahren stetig erweitert worden. Alle Instrumente der Rechtsstaatlichkeit sind jedoch ohne den politischen Willen der Mitgliedstaaten wirkungslos. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die lokale Zivilgesellschaft zu unterstützen, aber auch den politischen Druck aufrechtzuerhalten. Die Aushöhlung der Demokratie in Ungarn und Polen ist eine Geschichte verpasster Gelegenheiten für die EU. Es hätte mehr getan werden müssen, um den Rückschritt der Rechtsstaatlichkeit zu verhindern, insbesondere in Ungarn. Vor allem Deutschland hätte in dieser Hinsicht eine wesentliche Rolle spielen müssen, da seine Industrie in diesen beiden Ländern eine herausragende Rolle spielt. Es scheint, als hätten die wirtschaftlichen Interessen gegenüber gemeinsamen Werten Vorrang. Der Konditionalitätsmechanismus könnte sich als wichtiges Instrument erweisen, um Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit entgegenzuwirken - zumindest für die Nettoempfänger des EU-Haushalts.

Sicherung der Zukunft der EU-Wirtschaft in Krisenzeiten

Neben der Energiekrise, hoher Inflation und einem Druck auf die Lieferketten muss die EU sicherstellen, dass alle Maßnahmen, die ergriffen werden, die langfristigen strategischen Interessen zur Dekarbonisierung nicht gefährden. Außerdem muss sie den Binnenmarkt kontinuierlich gegen externe Schocks absichern. Kurzfristig müssen einkommensschwache Haushalte unterstützt werden, zum Beispiel durch ein SURE 2.0-Programm auf EU-Ebene. Die derzeitigen fiskalischen Regeln könnten angesichts der aktuellen Situation weiter ausgesetzt werden, was sie jedoch nicht obsolet macht. In naher Zukunft sollte die EU auch darüber diskutieren, wie sie eine ausreichende Unterstützung für die Ukraine sicherstellen kann, zum Beispiel durch einen Plan "Next Generation Ukraine".

Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen benötigt europäische Solidarität

Die derzeitige Energiekrise ist zumindest teilweise das Ergebnis politischer Versäumnisse der Vergangenheit. Die Entscheidung Deutschlands, sich auf russische fossile Energie zu verlassen, ist in dieser Hinsicht ein deutliches Beispiel. Deutschland, Österreich und andere Staaten sollten daher nicht mit einer starken europäischen Solidarität rechnen. Vielmehr ist eine europäische Solidarität erforderlich, um eine ausreichende Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in der gesamten EU zu gewährleisten. Gleichzeitig sollte die EU ihre Bemühungen auf globaler Ebene verstärken, um die Finanzierung des Klimaschutzes zu gewährleisten und die Abschwächung und Anpassung im globalen Süden zu ermöglichen. Ob es der EU gelingt, die globale Klimapolitik als "Leadiator" (sowohl als Anführer bzw. Leader als auch als Vermittler bzw. Mediator) zu gestalten, hängt davon ab, ob es den EU-Ländern gelingt, auf der bevorstehenden COP27 in Sharm El Sheikh eine geschlossene Front zu bilden.

Angesichts der beispiellosen Zeiten, in denen wir leben, bleibt die EU für alle EU-Länder der offensichtliche und einzige Weg, um innen- sowie außenpolitische Ziele zu verfolgen. Der Austausch mit europäischen und transatlantischen Partnern ist entscheidend für die Neugestaltung der europäischen sowie der deutschen Identität auf der internationalen Bühne. Um die gegenwärtige Polykrise zu überwinden, sind Einheit und Widerstandsfähigkeit Schlüsselbegriffe für die Ausrichtung der deutschen Europa- und EU-Politik. Nur als geeinte EU können die Mitgliedstaaten ihr Potenzial ausschöpfen und die Global Governance in einer Zeit gestalten, in der dies mehr denn je gebraucht wird.


 

Die IEP-Jahrestagung 2022 fand am Donnerstag, den 29. und Freitag, den 30. September 2022 in Berlin in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Direktorium des IEP statt. Sie wurde freundlicherweise vom Auswärtigen Amt, dem Citizens, Equality, Rights and Values Programm der EU sowie von der Otto-Wolff-Stiftung unterstützt.

Team & Autor:innen

Über das Jahrestagung in Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Direktorium des IEP Projekt: Die IEP-Jahrestagung bietet einen Raum, um den Austausch zwischen Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen zu befördern und wissenschaftliche Analysen zur EU praxisorientiert zu diskutieren.

ISSN/ISBN:
Bild Copyright: IEP