Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat der Debatte über die Erweiterung der Europäischen Union um bis zu zehn weitere Mitgliedstaaten neuen Schwung und Dringlichkeit verliehen. Damit eine EU-Erweiterung erfolgreich sein kann, müssen sowohl die neuen Mitgliedstaaten als auch die EU gut vorbereitet sein. Im Falle einer Erweiterung muss die EU ihre Handlungsfähigkeit wahren und Rechtsstaatlichkeit schützen. Die Debatte über institutionelle Reformen zu diesem Zweck wird heftig geführt. Und während einerseits ein europäischer Konvent mit dem Ziel einer Vertragsänderung gefordert wird, besteht andererseits Skepsis, ob selbst Reformen, die innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens möglich wären, wirklich notwendig sind.
Verschiedene Reformvorschläge liegen auf dem Tisch. Die Ausweitung der qualifizierten Mehrheitsentscheidung (QMV), etwa auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), könnte im Rahmen der derzeitigen Verträge realisiert werden, stößt aber vor allem in kleineren Mitgliedstaaten auf Kritik. Darüber hinaus gibt es Vorschläge zur Reform der Mechanismen zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit vor und nach einem EU-Beitritt, zur Flexibilisierung des Erweiterungsprozesses und zur Reform des EU-Haushalts. Mit Blick auf einzelne Beitrittskandidaten wird auch deutlich, dass bestimmte Politikbereiche, wie die europäische Agrar- und Kohäsionspolitik, vor einem Beitritt reformiert werden sollten.
Das Mittagsgespräch fand zur gleichen Zeit statt wie die Sitzung des Europäischen Rates am 14. Dezember 2023 in Brüssel. Die Diskutant:innen hofften, dass der Europäische Rat ein klares Bekenntnis zur EU-Erweiterung abgeben würde. Während die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau beschlossen wurden und Georgien der Kandidatenstatus zuerkannt wurde, konnte sich der Europäische Rat jedoch nicht auf langfristige finanzielle Unterstützung der Ukraine einigen.
Es diskutierten Prof. Dr. Tanja Börzel, Professorin für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin, Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung und Prof. Dr. Funda Tekin, Direktorin des Instituts für Europäische Politik.
Das IEP dankt dem Auswärtigen Amt und der Europäischen Kommission für die Unterstützung der Mittagsgespräche.