Am 3. Mai 2022 hat das Europäische Parlament für eine Reform des EU-Wahlrechts gestimmt. Der Entwurf zielt darauf ab, einen europaweiten Wahltag einzuführen, das Mindestalter bei Europawahlen zu harmonisieren und das Geschlechtergefälle zu reduzieren. Die wichtigsten Änderungsvorschläge sind jedoch die Einführung einer einheitlichen Sperrklausel von 3,5 Prozent für Wahlkreise mit mindestens 60 Sitzen und europaweite Kandidat:innenlisten – im Brüsseler Jargon transnationale Listen genannt. Als nächstes geht der Vorschlag in den Rat. Nun ist es an den Regierungen der Mitgliedstaaten, über die Wahlreform zu entscheiden.
Manuel Müller analysiert die Kernpunkte des Entwurfs und die deutsche Haltung dazu. Er fordert die deutsche Regierung auf, die geplante Wahlrechtsreform zu unterstützen und damit die supranationale Demokratie der EU zu stärken. Bisherige Reformversuche des EU-Wahlrechts scheiterten. Das liegt auch an Deutschland, das die 2018 beschlossenen Änderungen des Wahlrechts bislang noch nicht ratifiziert hat. Die neue Ampelkoalition sollte die Chance des neuen umfassenden Reformversuchs nutzen und politisches Kapital investieren, argumentiert Müller. Während Harmonisierungsmaßnahmen von hohem symbolischem Wert sind, könnten transnationale Listen ein echter Durchbruch sein, um die EU demokratischer zu machen.