Die geopolitische Umstrukturierung Europas als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg hat auch der Erweiterungspolitik der EU neuen Schwung verliehen. Die Beschleunigung der seit langem blockierten Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien sowie die Verleihung des Kandidatenstatus an die Republik Moldau und die Ukraine stellen eine eigene „Zeitenwende“ dar. Sie bringen aber auch die große Herausforderung mit sich, die aktuelle Dynamik aufrechtzuerhalten, ohne die Beitrittskriterien zu verwässern oder die Entscheidungsfähigkeit einer erweiterten EU zu beschneiden.
In diesem Policy Brief zieht Dr. Funda Tekin eine Zwischenbilanz der neuen politischen Dynamik des Erweiterungsprozesses und dessen anhaltender Herausforderungen. Sie skizziert eine Roadmap für die nächsten Erweiterungsrunden, die auf einer Paketlösung zwischen Erweiterung und Vertiefung basiert. Zudem muss sich der Erweiterungsprozess für das Konzept der Differenzierung öffnen. Die EU-Erweiterungspolitik muss auch auf das Konzept der variablen Geometrie Bezug nehmen, die die europäische Nachbarschaft strukturiert, ohne dabei die Perspektive der Mitgliedschaft aus den Augen zu verlieren. Die Bundesregierung muss jetzt ihre Strategie dafür entwickeln und bei gleichgesinnten europäischen Partnern dafür werben.