Daniel Klein, Christopher Ludwig und Christoph Spengel erläutern die bisher vorgestellten Richtlinienvorschläge der Kommission hinsichtlich der Besteuerung digitaler Unternehmen und beschreiben die schwer zu überwindenden technischen und politischen Hürden auf dem Weg zu einer multilateralen Lösung. Inwiefern ein deutsch-österreichisches Tandem das Potenzial zu einem Brückenbauer zwischen sich zunehmend formierenden intergouvernementalen Blöcken innerhalb der EU hat, analysieren Zekije Bajrami et al. ihrem Beitrag im Lichte zentraler europapolitischer Themenfelder. In einem kommentierten Wiederabdruck ihres Beitrags aus der integration 1/2007 vergleichen Daniel Göler und Mathias Jopp den Kontext und die Herausforderungen der aktuellen deutschen Ratspräsidentschaft mit jenen von 2007 und stellen fest, dass die Themen und die Erwartungen damals zwar vergleichbar waren, sich das politische Umfeld aber stark verändert hat und die allgemeine Integrationsfreudigkeit seither abgenommen hat. Julian Plottka skizziert in seinem Forumsbeitrag drei denkbare Interpretationen für die Ausgestaltung der Konferenz zur Zukunft Europas und benennt die zentralen Faktoren, welche über Erfolg und Misserfolg des Projekts entscheiden werden. Von der virtuellen German Pre-Presidency Conference der Trans European Policy Studies Association und des Instituts für Europäische Politik zu den Herausforderungen für die deutsche Ratspräsidentschaft berichtet Vittoria Meißner.
Besteuerung digitaler Unternehmen – die schwierige Suche nach einem europäischen Ansatz
Daniel Klein, Christopher Ludwig und Christoph Spengel
Die Europäische Kommission hat im März 2018 zwei Richtlinienvorschläge vorgelegt, welche die steuerlichen Herausforderungen im Zeitalter der Digitalisierung adressieren sollen. Im ersten Vorschlag empfiehlt die Kommission als kurzfristige Maßnahme eine Digitalsteuer in Höhe von 3 Prozent auf digitale Dienstleistungsumsätze. Der zweite Gesetzgebungsvorschlag zielt darauf ab, das aktuelle Konzept der Betriebsstätte bei Vorliegen einer „signifikanten digitalen Präsenz“ durch die Begründung einer virtuellen Betriebsstätte zu erweitern. Bislang zeichnet sich für diese Vorschläge kein Konsens zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab, sodass eine erfolgreiche Gesetzgebung auf europäischer Ebene derzeit unwahrscheinlich erscheint. Trotz dieses fehlenden Konsenses setzen einzelne Mitgliedstaaten den Richtlinienvorschlag zur Einführung einer Digitalsteuer in adaptierten Varianten unilateral um. Dies steht den Bemühungen entgegen, auf multilateraler Ebene konsensfähige digitale Besteuerungsmodelle zu entwickeln. Der vorliegende Beitrag evaluiert die aktuellen europäischen Reformvorschläge kritisch.
Potenziale einer österreichisch-deutschen Zusammenarbeit in der intergouvernementalen Europapolitik
Zekije Bajrami, Livia Puglisi, Lea Stallbaum, Michael Stellwag und Julian Plottka
In einer zunehmend intergouvernementalen Europäischen Union können minilaterale Gruppen die Komplexität der Entscheidungsfindung reduzieren. Solche Formate können aber auch zu Blockbildung führen und damit Kompromisse erschweren. Daher muss die Diplomatie Brücken zwischen solchen Staatengruppen bauen. Vor diesem Hintergrund untersucht der Artikel, inwieweit eine österreichisch-deutsche Zusammenarbeit als eine solche Brücke zwischen dem deutsch-französischen Tandem einerseits und den „Sparsamen Vier“, den vier Visegrád-Staaten und in der Zukunft vielleicht auch dem Westbalkan andererseits fungieren kann. Zu diesem Zweck werden sowohl die Ausrichtung der österreichischen und der deutschen Europapolitik als auch konkrete Regierungspositionen zum „European Green Deal“, zum mehrjährigen Finanzrahmen, zur Verteidigungsunion, zur Erweiterungspolitik gegenüber dem Westbalkan und zu institutionellen Reformen untersucht. Die österreichisch-deutsche Zusammenarbeit bietet sowohl Chancen für konkrete Initiativen in den Bereichen gemeinsamer Interessen, wie bspw. beim Rechtsstaatsmechanismus, als auch Potenzial für Kompromisse in anderen Politikbereichen, wie etwa dem mehrjährigen Finanzrahmen.
Wiederabdruck
Kann Europa gelingen? Vorhaben und Chancen der deutschen Ratspräsidentschaft
Daniel Göler und Mathias Jopp
Forum
Die Konferenz zur Zukunft Europas zwischen „Konvent 2.0“ und „Intergouvernementalismus 3.0“: Warum Europa diese Chance zur Reform nutzen muss
Julian Plottka
Drei Monate nach dem ursprünglich geplanten Beginn der Konferenz zur Zukunft Europas ist ihr Aufbau weiterhin unklar. Während das Europäische Parlament ein ehrgeiziges Konzept eines „Konvents 2.0“ vorgeschlagen hat, versucht der Europäische Rat, sich eine zusätzliche Legitimation für seine Strategische Agenda zu erschließen und die Möglichkeit von Vertragsreformen auszuschließen. Allerdings scheinen nicht alle nationalen Regierungen davon überzeugt zu sein, dass ein durch partizipative Demokratie legitimierter „Intergouvernementalismus 3.0“ eine gute Idee ist. Zwischen diesen beiden Positionen versucht die Europäische Kommission, Ursula von der Leyens „Wahlkampfgeschenk“ an das Europäische Parlament die politische Schlagkraft zu nehmen. Der Artikel vergleicht die Chancen und Risiken, die sich aus diesen drei Konzepten ergeben, und plädiert für einen offenen Prozess, der eine Vertragsreform weder erzwingen will noch von vornherein ausschließt. Wenn die BürgerInnen und die Zivilgesellschaft einen konstitutionellen Moment mittragen, ist es an der Zeit, die zahlreichen Reformerfordernisse anzugehen und Vertragsreformen nicht weiter hinauszuzögern.
Tagungen
Gemeinsam die Zukunft Europas gestalten: Herausforderungen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im Schatten der COVID-19-Pandemie
Vittoria Meißner