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integration 03/22
06.10.2022

Inga Kjer / IEP
Inga Kjer / IEP

Zwischen Sicherheit und Freiheit, COVID-19-Pandemie und Klimakrise – die Herausforderungen für die innere Sicherheit in der EU sind groß. Die neue integration widmet sich in einem Themenheft den Grundlagen, Herausforderungen und Entwicklungen in diesem Bereich.

Heft 03/22 ist ein Themenheft zur inneren Sicherheit. Die Beiträge basieren auf ausgewählten Vorträgen des Jahreskolloquiums 2021 des Arbeitskreises Europäische Integration.

In dem zum Download zur Verfügung stehenden Beitrag geht es um den zunehmenden Schutz der öffentlichen Gesundheit durch die Europäische Union (EU): Anhand der COVID-19-Pandemie und vorangegangener Gesundheitskrisen werden Integrationsfortschritte auf EU-Ebene im Gesundheitsbereich neofunktionalistisch erklärt. Weitere Beiträge betrachten das Politikfeld der inneren Sicherheit im System der EU, das Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit sowie die „Actorness“ der EU in der Klimapolitik. Ein Plädoyer für eine mutigere europäische Innen- und Sicherheitspolitik liefert der Forumsbeitrag.

Zusätzlich wird in einer Sammelrezension der Aktualisierungsbedarf von Standardwerken zur deutschen Europapolitik seit der historischen „Zeitenwende“ mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hinterfragt. Das Festkolloquium zum 75. Geburtstag von Peter-Christian Müller-Graff wird im AEI-Tagungsbericht skizziert.

Innere Sicherheit im System der Europäischen Union: Politiken, Kompetenzen und Herausforderungen für rechtsstaatliche Standards

Hartmut Aden

Dieser Beitrag analysiert institutionelle Strukturen und fachliche Herausforderungen der Inneren Sicherheit in der Europäischen Union (EU). Die Innere Sicherheit ist ein zentraler Bestandteil des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Dieser wurde in den 1990er Jahren mit dem Vertrag von Amsterdam etabliert, jedoch programmatisch zunehmend durch eine Sicherheitsunion ersetzt. Trotz der Überführung der inneren Sicherheit in die einheitliche EU-Struktur durch den Vertrag von Lissabon im Jahr 2009 spielen die mitgliedstaatlichen Regierungen immer noch eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung dieses Politikfelds, auch weil Sicherheitsbehörden und Justiz weiterhin starke mitgliedstaatliche Besonderheiten aufweisen. Trotz der gestiegenen Bedeutung der EU-Grundrechtecharta führt die mitgliedstaatliche Dominanz – kombiniert mit den Bestrebungen für eine Sicherheitsunion – zu Herausforderungen für die rechtsstaatliche Ausgestaltung der inneren Sicherheit in der EU.

Die Europäische Union als Binnenraum der Sicherheit im Spannungsfeld zwischen (Grund-)Freiheiten der Unionsbürger und deren (Grund-)Recht auf Sicherheit

Martin Heger

Die Europäische Union (EU) bildet einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem den Unionsbürger:innen Freizügigkeit ohne Binnengrenzen garantiert werden soll. Gleichzeitig wird betont, dass auch die Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität und damit die innere Sicherheit von großer Bedeutung sind. Ein Blick auf die Bestimmungen im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie die von der Union erlassenen sekundären Rechtsvorschriften zeigt einen Vorrang der Sicherheit vor der Freiheit. Zwar gewährt Art. 6 der Charta der Grundrechte ein Recht auf Freiheit und Sicherheit, und auch der Gerichtshof der EU hat daraus ein Grundrecht auf Sicherheit abgeleitet, doch ist ein solches Grundrecht weder in den Mitgliedstaaten noch in der Union anzuerkennen. Andererseits rechtfertigen Sicherheitserwägungen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Unionsbürger:innen, insbesondere soweit dadurch die Freiheitsausübung gesichert wird.

Krisengetriebene Integrationsdynamiken – eine neofunktionalistische Erklärung des zunehmenden Schutzes öffentlicher Gesundheit durch die Europäische Union

Remi Maier-Rigaud

Die COVID-19-Pandemie und ältere grenzüberschreitende Gesundheitskrisen haben zu Integrationsschüben in der Europäischen Union geführt. Die mittel- bis langfristig erzielten Vertiefungen der Union im Gesundheitsschutz können neofunktionalistisch erklärt werden. Als Muster der krisengetriebenen Integration ist ein enger Zusammenhang zwischen Gesundheitskrisen und dem Entstehen sowie der Stärkung von europäischen, expertenbasierten Agenturen zu erkennen. Zentrale Impulsgeberin in Krisenzeiten ist die Europäische Kommission. Dies wird an den Beispielen der europäischen Nutzenbewertung von Gesundheitstechnologien und der Entwicklung hin zu einer Gesundheitsunion als Reaktion auf die COVID-19-Krise verdeutlicht. Dabei kommt es kurzfristig immer wieder zu Stillstand oder Abschwächungen der Reformvorschläge, die auf einer intergouvernementalen Logik beruhen. Dennoch tragen Krisen zu kritischen Pfadentscheidungen bei, die sachlogische Integrationsdynamiken von langer Dauer auslösen.

Die Höhen und Tiefen der Europäischen Union als Akteur in der internationalen Klimapolitik

Klaus Jacob und Julia Teebken

Auf den internationalen Klimakonferenzen sind Europäische Union (EU) und EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen Verhandlungspartner. Die EU unterzeichnet die Verträge zum Schutz des Klimas, die Mitgliedstaaten ratifizieren und setzen sie in nationale Politik um. Basierend auf der Literatur zum Konzept der Actorness identifizieren wir eine Reihe von Dimensionen, in denen sich die Akteursqualität der EU artikuliert. Actorness hat interne Dimensionen wie die Übertragung von Zuständigkeiten und externe Dimensionen wie die Anerkennung als Vertragspartner durch andere Staaten. Actorness lässt sich aber nicht alleine durch die Analyse von Institutionen fassen, sondern entsteht auch diskursiv und situativ. Wir zeichnen die Actorness der EU für vier kritische Zeitpunkte internationaler Klimapolitik nach und zeigen, dass diese in dem Politikfeld zwar insgesamt über den Betrachtungszeitraum zugenommen hat, das volle Potenzial aber nicht ausgeschöpft wird. So verzeichneten einzelne Dimensionen zeitweilig auch einen Rückgang, besonders beim Gipfel von Kopenhagen. Die Analyse von Actorness kann außerdem einen Beitrag leisten, fehlende Effektivität zu erklären.

We’ve come a long long way – but there is more to come: Plädoyer für eine mutige europäische Innen- und Sicherheitspolitik

Lena Düpont

Europa steht vor vielen Herausforderungen, die sowohl von außen wie bspw. im Bereich Migration, als auch von innen, durch zunehmende organisierte Kriminalität oder Terroranschläge mit Fluchtwegen durch Europa, auf die europäische Innenpolitik einwirken. Gleichzeitig führt das Tauziehen zwischen nationalstaatlicher Souveränität und europäischen Akteuren zu einem Dschungel an ausdifferenzierten Verantwortlichkeiten auf unterschiedlichen politischen Ebenen. Gepaart mit den hohen Erwartungen der Bürger:innen an Sicherheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt, lastet zwar auch ein komplexer Erwartungsdruck auf der Politik, jedoch entsteht auch ein einzigartiges „window of opportunity“ für zuverlässigere Strukturen, neue Verfahren und eine mutigere europäische Innenpolitik.

Team & Autor:innen

Über das integration Projekt: Die Vierteljahreszeitschrift "integration" ist ein theoriegeleitetes und politikbezogenes interdisziplinäres Forum zu Grundsatzfragen der europäischen Integration. Aktuelles aus der Europapolitik wird aus politischer und akademischer Perspektive diskutiert.

ISSN/ISBN: 0720-5120
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