Share twitter instagram facebook LinkedIn youtube

Um unsere Webseite zu verbessern, setzen wir google Analytics ein.

Mit Ihrer Zustimmung akzeptieren Sie unsere Datenschutzbestimmungen und die Datenschutzbestimmungen von google Analytics.

IEP-Mittagsgespräch mit S.E. Dr. Rudolf Jindrák am 28. Januar 2009: "Prioritäten der tschechischen Ratspräsidentschaft"
28.01.2009

S. E. Dr. Rudolf Jindrák, Botschafter der Tschechischen Republik, machte mit einem Vortrag im Europäischen Haus über die Agenda der tschechischen Ratspräsidentschaft den diesjährigen Auftakt zur Reihe der Mittagsgespräche des IEP.

S. E. Dr. Rudolf Jindrák, Botschafter der Tschechischen Republik, machte mit einem Vortrag im Europäischen Haus über die Agenda der tschechischen Ratspräsidentschaft den diesjährigen Auftakt zur Reihe der Mittagsgespräche des IEP. Bevor Dr. Jindrák einen Überblick über die drei Prioritäten der tschechischen Ratspräsidentschaft (Wirtschaft, Energie und Europa in der Welt) gab, wies er auf die schwierigen Rahmenbedingungen hin unter denen die Ratspräsidentschaft agiert. So sei die Umsetzung der Prioritäten nur eine Seite der Arbeit der Präsidentschaft. Ebenso wichtig sei es auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren und die Europäische Union in der Welt zu vertreten. Als gegenwärtige Herausforderungen nannte er den Abschluss der Ratifikation des Vertrages von Lissabon, den inzwischen mit Hilfe der Europäischen Union beigelegten Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine sowie die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise.

Ferner müsse die anstehende Europawahl im Blick behalten werden. Das Halbjahr der tschechischen Ratspräsidentschaft sei nicht der ideale Zeitpunkt langfristige Legislativprojekte zu lancieren, vielmehr gelte es eine Reihe noch offener Gesetzgebungsverfahren, insbesondere aus dem Bereich der Klima- und Energiepolitik sowie zur Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise, vor der Europawahl abzuschließen. Nichtsdestotrotz sei die tschechische Ratspräsidentschaft speziell in der Frage der Energieversorgungssicherheit dabei, Akzente zu setzen.

23 Mitgliedstaaten haben bisher die Ratifikationsurkunden zum Vertrag von Lissabon in Rom hinterlegt. Die Tschechische Republik gehört neben Deutschland, Polen, bei denen noch die Unterzeichnung durch den Präsidenten aussteht, und Irland zu jenen, die das Ratifikationsverfahren noch nicht abgeschlossen haben. Nach dem positiven Urteil des tschechischen Verfassungsgerichtshofes habe die tschechische Regierung aber angekündigt, die Ratifikation in den ersten Monaten des Jahres 2009 abzuschließen. Dr. Jindrák wies darauf hin, dass die Ratifikation in Abgeordnetenhaus und Senat ein schwieriger Prozess sei, er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Ratifikation im anvisierten Zeitraum abgeschlossen werden wird. Die eigentliche Herausforderung sei aber die Ratifikation durch Irland. Hier gelte es die beiderseitigen Zusagen in eine verbindliche Form zu bringen. Die tschechische Ratspräsidentschaft wolle die irische Regierung bei der Durchführung der Ratifikation unterstützen. Insgesamt bewege sich die Europäische Union langsam aber sicher auf den Abschluss des Ratifikationsprozess zu.

Als erste der drei Prioritäten der amtierenden Rastpräsidentschaft stellte Dr. Jindrák die geplanten Initiativen im Bereich der Wirtschaft vor. Diesem Politikbereich komme auch eine Schlüsselrolle bei der Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise zu. So werde der Europäische Rat im März die Wirkung des Europäischen Konjunkturprogramms überprüfen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen beschließen. Der ECOFIN-Rat werde sich turnusgemäß mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt beschäftigen. Die Stabilitätsanforderungen dürften zwar nicht das Wirtschaftswachstum gefährden, in der langfristigen Perspektive sei Stabilität aber für Wachstum wichtig. So stelle der Stabilitäts- und Wachstumspakt einen guten Rahmen in der jetzigen wirtschaftlichen Situation dar. Ebenso sei die Lissabon-Strategie ein gutes Mittel, das gegen die aktuelle Krise wirke und Europa international wettbewerbsfähiger mache. Ferner müssten als Maßnahmen gegen die Krise die Gesetzesakte zur Finanzmarktregulierung verabschiedet werden und Europa auf dem kommenden G 20-Gipfel einheitlich auftreten.
Ein weiteres Anliegen der tschechischen Ratspräsidentschaft sei die „better regulation“, um auf diese Weise klein- und mittelständische Unternehmen zu entlasten. Auch die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie müsse vorangetrieben werden. Schließlich hoffe der Botschafter darauf, dass in Fragen der Arbeitnehmerfreizügigkeit Fortschritte erzielt werden.

Auch die zweite Priorität der tschechischen Ratspräsidentschaft „Energie“ hat durch den russisch-ukrainischen Gasstreit einen hoch aktuellen Bezug erhalten. Neben dem Klima- und Energiepaket, das es schnell umzusetzen gelte, um bei der UN-Klimakonferenz Ende des Jahres in Kopenhagen geeint auftreten zu können, habe die Frage der Energieversorgungssicherheit hohe Priorität. Dabei zeigte sich Dr. Jindrák überzeugt, dass der vom jüngsten Konflikt um Gaslieferungen ausgehende Impuls nicht verpuffen werde, sondern die Europäische Union zum Handeln bewege. Dieser Konflikt sei kein beliebiger gewesen, sondern eine letzte Warnung aktiv zu werden. Als konkrete Projekte stünden in der Zeit der tschechischen Ratspräsidentschaft der zweite „Strategic Energy Review“, die Liberalisierung des Gas- und Elektrizitätsmarktes im Rahmen des „Dritten Binnenmarktpakets“ sowie ein „Südkorridor-Gipfel“ der Triopräsidentschaft mit allen an der Nabucco-Pipeline beteiligten Staaten an.

Die dritte Priorität der tschechischen Ratspräsidentschaft sind die Außenbeziehungen der Europäischen Union. So werde der erste USA-EU-Gipfel mit der neuen Administration unter Obama möglicherweise noch im ersten Halbjahr 2009 stattfinden. In der Europäischen Nachbarschaftspolitik, so führte Dr. Jindrák aus, gelte es das Projekt der „Östlichen Partnerschaft“ zu lancieren und die französischen Impulse zur „Union für das Mittelmeer“ fortzuführen. Die Verhandlungen über das Partnerschaftsabkommen mit Russland müssten fortgeführt werden.
Europaweit sei zwar noch eine gewisse Erweiterungsmüdigkeit zu konstatieren, dennoch sehe es die tschechische Ratspräsidentschaft als ihre Aufgabe hier weiterzuarbeiten. Die Verhandlungen mit Kroatien müssten so weit voran getrieben werden, wie dies die Umstände erlaubten. Eine vertiefte Debatte über den Beitritt der Türkei stünde erst gegen Ende des Jahres an. Auch mit den anderen Staaten des Westbalkan müssten die Verhandlungen weiter geführt werden.

 

Über das Europagespräche Projekt: Die Europagespräche des IEP bringen Bürger:innen, Entscheidungsträger:innen, Wissenschaftler:innen und die Zivilgesellschaft zusammen, um Herausforderungen und Perspektiven der europäischen Integration zu diskutieren. Damit fördern sie die europapolitische Debatte in Deutschland.

Tags:
ISSN/ISBN:
Bild Copyright: