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IEP-Mittagsgespräch mit Axel Schäfer: „Neue EU-Institutionen, neue Politik?“
11.11.2014

Das IEP-Mittagsgespräch zum Thema „Neue Institutionen, neue Politik? Erwartungen an die europäische Politik in Deutschland“ mit Axel Schäfer, MdB und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, fand am 27. November 2014 in der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin statt.

Das IEP-Mittagsgespräch zum Thema „Neue Institutionen, neue Politik? Erwartungen an die europäische Politik in Deutschland“ mit Axel Schäfer, MdB und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, fand am 27. November 2014 in der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin statt. Moderiert wurde die Veranstaltung von Prof. Dr. Mathias Jopp, Direktor des Instituts für Europäische Politik (IEP). Bernhard Schnittger, Leiter der politischen Abteilung der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, hielt ein Grußwort.

„Wir wollen dieses Europa erhalten.“ Mit diesen Worten begann Axel Schäfer sein Plädoyer für das europäische Projekt, das von Optimismus und Überzeugung geprägt war. Wie zuletzt die Europawahl vom 22. bis 25. Mai 2014 verdeutlicht habe, stehe die EU gegenwärtig vor großen Herausforderungen. Dazu zählten die geringe Wahlbeteiligung in vielen Mitgliedstaaten, der wachsende Euroskeptizismus und der Zulauf für europafeindliche und rechtsextreme Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD), die United Kingdom Independence Party (UKIP) und der Front National (FN). Auch die Sezessionsbestrebungen in Katalonien und rechtspopulistische Abstimmungen in der Schweiz, etwa über die Volksinitiative „Landesrecht vor Völkerrecht“, welche die Schweizer Bundesverfassung zur höchsten Rechtsquelle erklären und ihr im Konfliktfall einen Vorrang vor dem Völkerrecht gewähren würde, deuteten auf einen Anstieg von nationalistischen Tendenzen in Europa hin.

Dem entgegen stehe der Gründungsgedanke der EU, die Übertragung nationalstaatlicher Souveränität an eine supranationale Institution, um Kriege innerhalb Europas in der Zukunft unmöglich zu machen. Dies sei der EU gelungen und habe sie zu einem wegweisenden Erfolgsmodell gemacht. Insofern habe die EU den Friedensnobelpreis 2012 mit gutem Recht erhalten. Auch in Zukunft sollten die herausragenden Errungenschaften des europäischen Projekts wie die Völkerverständigung und der in Deutschland parteiübergreifende Konsens zu friedlicher Konfliktlösung stärker verteidigt werden. Zudem hätte es im Verlauf der letzten Jahrzehnte wesentliche Fortschritte hin zu einer stärkeren demokratischen Legitimation der EU gegeben. Die bereits 1979 eingeführten Direktwahlen des Europäischen Parlaments hätten im Jahr 2014 durch die Nominierung von Spitzenkandidaten eine weitere wesentliche Neuerung erfahren, da die europäischen WählerInnen trotz ursprünglichen Widerstands gegen einen solchen Automatismus bei einigen Staats- und Regierungschefs mit der Kenntnis der späteren Kandidaten für die Kommissionspräsidentschaft zur Urne gingen. Mit Blick auf das Misstrauensvotum gegen den Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker hob Schäfer außerdem positiv hervor, dass der sogenannte „Verfassungsbogen“, bestehend aus allen gemäßigten Parteien im Europäischen Parlament vor Gefahren und Herausforderungen durch die rechtsextremen und euroskeptischen Parteien zusammenstehe. Auch in der Ukraine-Krise sei ein gemeinsames und geeintes Handeln der EU ersichtlich geworden. Dies wecke Hoffnung auf eine weitere Vertiefung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).

Gleichzeitig äußerte Schäfer aber auch zahlreiche Forderungen und Vorschläge für eine Verbesserung der Funktionsweise und Abläufe innerhalb der EU. Es gelte vor allem, die europäische Parteiendemokratie weiterzuentwickeln, da die Parteizugehörigkeit Verbindungen schaffe, die über nationale Grenzen hinausreichten und Europa als Gemeinschaft voranbrächten. Hierzu zähle auch die Kooperation der nationalen Parteien einer Parteienfamilie untereinander. Ein Beispiel hierfür sei die Europa-Rede Helmut Schmidts auf dem Parteitag der Labour Party im Jahr 1974, kurz vor dem britischen Referendum zum Austritt aus der EU im Jahr 1975, bei der er seine Parteifreunde von dem Verbleib Großbritanniens in der EU zu überzeugen versuchte. Eine Weiterentwicklung der europäischen Parteiendemokratie nach diesem Vorbild sollte gegenseitige Wahlkampfunterstützung und regelmäßige bilaterale politische Diskussionen zum gegenseitigen Austausch miteinschließen. Weiterhin gebe es Handlungsbedarf in Bezug auf eine stärkere Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten. Gemeinsame Jahreskonferenzen im Rahmen eines Gremiums, in dem alle Parteifamilien anteilig vertreten wären und das zu zwei Dritteln aus nationalen Abgeordneten, zu einem Drittel aus EU-Abgeordneten bestünde, sollten eine Grundlage für einen kontinuierlichen Austausch und eine bessere Koordinierung und Kooperation zwischen der nationalen und der europäischen Ebene bieten. Dadurch erhoffe sich Schäfer eine stärkere Einbindung der BürgerInnen in die Angelegenheiten der EU, die langfristig auch zu einer höheren Wahlbeteiligung führen könnte.

Bei der anschließenden Diskussion stand neben Fragen zur Umwelt- und Asylpolitik, zur Eurokrise und zur Jugendarbeitslosigkeit auch der Euroskeptizismus weiter im Fokus. Katrin Böttger, stellvertretende Direktorin des Instituts für Europäische Politik, warf die Frage auf, wie es gelingen könnte, jene Menschen zu erreichen, die keine pro-europäische Grundhaltung hätten und besonders anfällig für die Mythen und einfachen Lösungen der euroskeptischen und populistischen Parteien seien. Hintergrund der Frage ist ein künftiges Projekt des IEP, in dem die Unwahrheiten in euroskeptischen Positionen herausgestellt und ihnen mit Fakten und Argumenten entgegengewirkt werden soll. In diesem Sinne rief Schäfer dazu auf, im Großen wie im Kleinen stärker auf die Menschen zuzugehen und das europäische Projekt zu verteidigen. Dabei sollte die europäische Politik die Interessen und Belange der Bürger stets im Visier haben und selbstkritisch über deren tatsächliche Berücksichtigung reflektieren. Bestehende Probleme wie der wachsende Nationalismus müssten ernst genommen und angesprochen werden. In diesem Zusammenhang sprach Schäfer von den drei „K“ als Schritten der Entscheidungsfindung: Konflikt, Kompromiss und Konsens. Er halte es nicht für sinnvoll, zu einer Debatte bereits die Entscheidung für einen Konsens zu präsentieren. Am Anfang müsse vielmehr die Auseinandersetzung mit einem konfliktbehafteten Thema stehen. Im Rahmen einer kontrovers ausgetragenen Debatte müsse dann nach einem Kompromiss gesucht werden, der schließlich in einem allgemeinen Konsens münde. Eine weitere Möglichkeit, um in Kontakt und Austausch miteinander zu treten und sich für die EU einzusetzen, biete die ehrenamtliche Mitarbeit in Verbänden und Vereinen. Nur durch öffentliche kontroverse Debatten auf allen Ebenen könnten kreative Lösungen entstehen und gemeinsam an einer immer besser funktionierenden EU gearbeitet werden.

 

Von: Nora Happel

Über das Europagespräche Projekt: Die Europagespräche des IEP bringen Bürger:innen, Entscheidungsträger:innen, Wissenschaftler:innen und die Zivilgesellschaft zusammen, um Herausforderungen und Perspektiven der europäischen Integration zu diskutieren. Damit fördern sie die europapolitische Debatte in Deutschland.

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