Was sind die wichtigsten Ergebnisse der bilateralen Screenings und welche Fortschritte hat die Ukraine im Fundamentals-Cluster erzielt? Wie können Deutschland und die EU die Ukraine auf ihrem Weg in die EU unterstützen? Mit welchen Desinformationsnarrativen versucht Russland die öffentliche Zustimmung für den EU-Beitritt der Ukraine zu schwächen? Der erste Expert Exchange im Projekt „Pathways to Progress“ widmete sich diesen Fragen und setzte einen wichtigen Impuls zur Förderung des Dialogs zwischen der Ukraine und Deutschland zu Rechtsstaatlichkeit und den europäischen Grundwerten.
Fortschritte und Herausforderungen der Ukraine
Im Rahmen der Veranstaltung wurde betont, dass die temporären Einschränkungen gewisser Freiheitsrechte aufgrund des Kriegsrechts verhältnismäßig seien. Gleichzeitig unterstrichen die Teilnehmenden, dass es kein universelles Modell zur Korruptionsbekämpfung gibt – jeder Reformbereich bringe eigene Besonderheiten mit sich. Die Ukraine verfolgt jedoch eine klare Vision und arbeitet an Roadmaps für die Bereiche Rechtsstaatlichkeit, Verwaltungsreform und demokratische Institutionen. Ein spezieller Plan für den Schutz nationaler Minderheiten sei in den Verhandlungsrahmen integriert worden und bereits positiv durch die EU-Kommission bewertet worden.
Verwaltungsreform als Schlüssel zur EU-Integration
Eine zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche EU-Integration der Ukraine ist die grundlegende Reform der öffentlichen Verwaltung. Eine funktionierende, moderne Verwaltung gilt als wirksamster Schutz vor Korruption und als Fundament für einen starken Rechtsstaat. Kritisch betrachtet wurde jedoch die hohe Personalisierung des aktuellen Systems. Bei einem Regierungswechsel droht der Verlust des Verhandlungsteams – mit möglichen Rückschlägen für den Reformprozess. Um dieser Gefahr zu begegnen, sollten die Rollen in den Arbeitsgruppen klar definiert werden. Dabei wurde auf Lehren aus den Verhandlungen mit den Westbalkan-Staaten verwiesen.
Rechtsstaatlichkeit und internationale Unterstützung
Die Teilnehmenden warnten eindringlich vor den Folgen einer unvollständigen Umsetzung rechtsstaatlicher Prinzipien. Fortbestehende Defizite in diesem Bereich könnten massive finanzielle Auswirkungen haben. Umgekehrt könnten erfolgreiche Reformen im Bereich der Rechtsstaatlickeit den Bedarf an internationaler Unterstützung verringern. Strategische Partnerschaften bleiben jedoch entscheidend. Besonders hervorgehoben wurde die Bedeutung eines transparenten Auswahlverfahrens für Richter:innen unter Beteiligung internationaler Expert:innen.
Sicherheit und Friedensverhandlungen
Ein weiteres zentrales Thema war die Sicherheitsdimension. Die Ukraine muss in zukünftigen Friedensverhandlungen eine starke Stimme haben, um ihre territoriale Integrität und die Rechte der Opfer zu schützen. Eine mangelnde Unterstützung durch die EU und Deutschland in diesem Bereich könnte das Vertrauen der Ukraine in europäische Institutionen schwächen. Ebenso entscheidend bleibt die Reform des Obersten Gerichtshofs sowie die aktive Einbindung der ukrainischen Zivilgesellschaft und internationaler Expert:innen in den EU-Beitrittsprozess.
Die Veranstaltung wurde von Alyn Schymanietz, Referentin, Ukraine, Moldau, Schwarzmeerkooperation im Auswärtigen Amt und Helge Arends, Direktor des GIZ-Projekts 3*E4U eröffnet. Redner waren Oleksandr Ilkov, Generaldirektor des Government Office for the Coordination of European and Euro-Atlantic Integration (GOCEEI), Liubov Akulenko, Direktorin des Ukrainian Centre for European Policy (UCEP), Mykhailo Zhernakov, Vorsitzender des Vorstands der DEJURE Foundation in Kyjiw und Der Ukraine-Experte und Berater für Ukraine und den Schwarzmeerraum bei der Stabilisation Platform der GIZ und Associate Fellow beim Zentrum für Ordnung und Governance in Osteuropa, Russland und Zentralasien der DGAP, Wilfried Jilge. Moderiert wurde die Diskussion von Ljudmyla Melnyk, Leiterin des Ukraine-Programms am IEP.
Der Expert Exchange fand im Rahmen des Projekts „Pathways to Progress: Germany-Ukraine Dialogues for Rule of Law on EU Accession“ statt, das durch das Projekt 3*E4U der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des Auswärtigen Amtes gefördert wird.