Im Rahmen der Mittagsgespräche des Institutes für Europäische Politik gab Dr. Klaus Scharioth, Politischer Direktor im Auswärtigen Amt, einen aktuellen Einblick in die sich geradezu dramatisch weiter entwickelnde europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Angesichts des jüngsten internationalen Tauziehens um die Verlängerung der UN-Mission in Bosnien-Herzegowina, angesichts der sich seit gerade Mal vier Jahren (seit St. Malo, 1998) sprichwörtlich "mit Lichtgeschwindigkeit" entwickelnden ESVP und angesichts der anstehenden Debatte über die zukünftige Gestaltung der GASP innerhalb einer europäischen Verfassung kommt dem Thema große Aktualität zu.
"Wir müssen die Handlungsfähigkeit Europas erhöhen!" - Unter diesen Kernsatz stellte Scharioth seine Darstellung zu dem Thema. Mit einem knappen Abriss der jüngsten Entwicklungsstationen der GASP (Kosovo als Negativerfahrung - Mazedonien als Positivbeispiel) verdeutlichte er die Dringlichkeit dieser Forderung. Zwar habe die Europäischen Union schon jetzt einen komparativen Vorteil gegenüber anderen Organisationen vorzuweisen, da sie über eine Bandbreite an Instrumenten verfüge, die Konfliktprävention, wirtschaftliche Sanktionen, zivile Maßnahmen des Konfliktmanagements im Verbund mit militärischen Maßnahmen als notwendiges "letztes Mittel" sowie Post-Konflikt-Management beinhalten.
Deutschland sollte auch weiterhin eine führende Rolle bei den Reformbemühungen spielen, ohne seine engsten Partner zu überfordern. Zu den aus deutscher Sicht notwendigen Reformen zählte Scharioth die qualifizierte Mehrheitswahl als reguläres Entscheidungsverfahren für die GASP und - mit wenigen Ausnahmen - auch für die ESVP, eine "Doppelhut-Lösung", die das Amt des Kommissars für die Außenbeziehungen und des Hohen Vertreters für die GASP zusammenführe sowie den Ausbau der EU-Delegationen zu außenpolitischen Vertretungen sowohl der Kommission als auch des Rates der EU. Außerdem plädierte er für die Übernahme des Vorsitzes im Rat für die Außen- und Sicherheitspolitik (Rat für Außenbeziehungen) durch den GASP-Repräsentanten der EU sowie für ein eigenes Initiativrecht des Hohen Vertreters.