Am 15. Juli 2020 veranstaltete das Institut für Europäische Politik vor dem Hintergrund der enormen gesundheitlichen, politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen der globalen Covid-19 Pandemie das „Mittagsgespräch digital“ zum Thema „Die Zukunft der EU Handelspolitik in einer post-COVID-19-Welt“.
Gemeinsam mit unseren Partnern der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland und des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in Deutschland hatte das IEP Dr. Sabine Weyand, Generaldirektorin für Handel bei der Europäischen Kommission, als Expertin eingeladen, um gemeinsam mit den Teilnehmer:innen des Mittagsgesprächs die Zukunft der EU-Handelspolitik zu diskutieren.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Funda Tekin, eine der zwei Direktor:innen am IEP. Dr. Jörg Wojahn, Leiter der Kommissionsvertretung in Berlin, hielt zunächst eine kurze Begrüßungsansprache, gefolgt von einer Keynote-Rede von Sabine Weyand, an die sich eine lebhafte Diskussion mit den über 70 Teilnehmer:innen anschloss.
Die Diskussion befasste sich mit den Bewältigungsstrategien der EU in der Corona-Krise sowie ihrer Rolle und strategischen Position in der globalen Wirtschaft und im Kontext der durch die Pandemie ausgelösten weltweiten Rezession.
Dabei wurde herausgestellt, dass die Coronakrise eine Reihe politischer Entwicklungen sichtbar gemacht habe. Zum einen habe die Krise die bereits bestehende Tendenz von Staaten, sich angesichts wachsender Herausforderungen primär auf die eigenen Interessen zu fokussieren und darüber hinaus Elemente des internationalen Handels als Waffe zu instrumentalisieren, verstärkt. Die EU müsse daher an ihrem Engagement für Multilateralismus, freien Handel, und gegen protektionistische und unilaterale Tendenzen festhalten. Das strategische Ziel der EU müsse, wie auch von der neuen „geopolitischen Kommission“ angestrebt, zudem sein, mit Drittländern zu kooperieren und gleichzeitig die eigenen an den Prinzipien der Offenheit, Autonomie und Rechtsstaatlichkeit ausgerichteten Interessen zu vertreten. Freihandelsabkommen, wie mit Mercosur oder dem Vereinigten Königreich, seien in dem Zusammenhang ein wichtiges Element für den EU-Außenhandel und für die EU als einen der größten Nutznießer des globalen Freihandels, müssten jedoch in aller Gründlichkeit und auf Basis starker
gemeinsamer Interessen und Werte verhandelt werden.
Gleichzeitig griffen immer mehr Staaten stark in die Wirtschaft ein und betrieben so eine neue Art von Planwirtschaft. Das sei zwar zur akuten Bewältigung einer Krise legitim, langfristig jedoch weder wirtschaftlich noch politisch sinnvoll. Insbesondere in der aktuellen Debatte um die Wiederbelebung von europäischen Lieferketten müsse der Blick deshalb darauf gelenkt werden, dass nicht etwa wirtschaftliche Selbstversorgung, sondern vielmehr Diversifizierung von Lieferketten Resilienz schaffe.
Schließlich würden multilaterale und globale Governance-Strukturen zunehmend geschwächt werden, obwohl gerade Krisen wie die aktuelle zeigten, dass Zusammenarbeit auf internationaler Ebene unverzichtbar sei. Die Reform der WTO müsse deshalb weiterhin eine wichtige Priorität für die EU sein, da der offene und regelbasierte Handel wesentlich für die Erholung der Weltwirtschaft und die Überwindung der Coronakrise sei.
Klare Bilanz zur Zukunft der EU-Handelspolitik zogen die Teilnehmer:innen der Veranstaltung schließlich in einer Online-Umfrage, in der 97 Prozent antworteten: Ja, die EU kann ein Champion des Freihandels in der post-Covid-19-Welt bleiben!
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