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6th German — Italian Discussion Forum

Conference in Milan, Palazzo Clerici, 26–27 October 2006 — A New Dynamic for Europe: The Role of Germany and Italy.

Even if the broad agreement of both countries on central European issues has been empha­sised in previous German-Italian Discussion Fora, it was especially documented at the sixth meeting on 26–27 October 2006 with the atten­dance of Foreign Ministers Stein­meier and D’Alema. The appear­ances of both ministers were preceeded by bilateral consul­ta­tions, a sign the Prodi govern­ment’s closeness to German policy since taking office, something highly valued by the government in Berlin.

Für beide Seiten von zentraler Bedeutung ist und bleibt die Einbindung in den europäischen Integra­tionsprozess, für den Berlin während der deutschen EU-Präsi­dentschaft im ersten Halbjahr 2007 besondere Verant­wortung übernimmt und hierbei – so der deutsche Außen­min­ister — auf die „feste Unter­stützung“ der italienischen „Freunde“ zählen kann. Umgekehrt bekräftigte der italienische Außen­min­ister die gemeinsame „Mission“ beider Länder, um insbesondere das europäische Verfas­sung­sprojekt unter Beibehaltung der politischen Substanz des Verfas­sungs- vertrages wieder auf den Weg zu bringen. Auch in Fragen einer europäischen Außen‑, Sicher­heits- und Vertei­di­gungspolitik teilen Italien und Deutschland nach Meinung der beiden Außen­min­ister zahlreiche Grundauf­fas­sungen. So sei beiden Ländern eine hohe Integra­tions­bere­itschaft und Teilung der Souveränität in so heiklen Fragen wie GASP und ESVP zu attestieren, auch wenn es – wie das Auseinan­der­fallen in der Irakkrise verdeut­licht hat – hierfür noch keine hundert­prozentigen Automa­tismen gibt. Der wieder gefes­tigte Gleichklang deutscher und italienischer Inter­essen soll nach dem Wunsch beider Regierungen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2007 u.a. darin zum Ausdruck kommen, dass sich der deutsche EU-Vorsitz mit dem dann im Sicher­heitsrat der Vereinten Nationen repräsen­tierten Italien in außen­poli­tischen Fragen eng absprechen will und eine intensive Rückkop­pelung mit Rom bei der Ausar­beitung der Berliner Erklärung anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Römischen Verträge im März 2007 stattfinden wird.

Nuancierter als bei der demon­stra­tiven Einigkeit über EU-Grund­fragen erschienen deutsche und italienische Positionen in der Frage, wie sich die EU gegenüber weiteren Beitrittsaspi­ranten jenseits der für den 1.1.2007 avisierten EU-27 verhalten soll. Während von italienischer Seite in beson­derer Weise auf die „Offenheit“ des europäischen Projekts und die historische Verant­wortung für die Einigung des Konti­nents verwiesen wurde sowie — mit Blick auf die Türkei — die politisch- strate­gischen Inter­essen der EU bemüht wurden, hatten deutsche Redebeiträge stärker die Verknüpfung von Beitrittsange­boten und der EU- Aufnah­me­fähigkeit im Visier. Zwar wandten sich zahlreiche Sprecher gegen die These, ein immer größeres Europa bedeute per se eine immer schwächere EU, und verwiesen dabei auf die positiven Erfahrungen mit den bisherigen Erweiterungsrunden; doch wurde eingeräumt, dass die mit dem Verfas­sungsvertrag erhoffte Vertiefung wegen der negativen Refer­enden in Frankreich und den Nieder­landen zwingend erforderlich sei und im Falle ihres Ausbleibens die EU in ihrem Kernbe­stand bedrohen dürfte.

Ausgehend von den negativen Voten einer Mehrheit der Wähler in zwei EU-Gründer­staaten nahm ferner die Frage breiten Raum ein, wie die politisch Verant­wortlichen die Akzeptanz der Bürger für das europäische Projekt zurück­gewinnen können. Derzeit erscheine vielen die EU als ein Projekt der Stagnation, dessen raison d’être zunehmend in Frage gestellt wird. Insbesondere gegenüber der jungen Gener­ation, die die Motive der Nachkriegs­gen­er­ation nicht mehr als zwingend für weitere Integra­tionss­chritte empfindet, bedarf es anderer Argumente, um deren Zustimmung für den weiteren Ausbau der EU zu erhalten. So könnte unter Verweis auf die vielfältigen Prozesse der Global­isierung im wirtschaftlichen wie politischen Bereich eine stärkere Rolle für die EU begründet werden, die der einzelne Staat alleine nicht mehr leisten kann.

In welchem Maße ein Handeln der EU wünschenswert und notwendig ist, um sich den Heraus- forderungen der Global­isierung zu stellen, wurde im Kreis der Teilnehmer unter­schiedlich bewertet. Dabei spielte die jeweilige Nation­alität eher eine unter­ge­ordnete Rolle gegenüber parteipoli­tischen Präferenzen und wirtschaft­spoli­tischen Philoso­phien. Während die einen die Global­isierung insbesondere als Chance für die Freiheit des Unternehmers wie des Konsumenten verstanden wissen wollten und die Notwendigkeit staatlicher Hilfen anzweifelten, verwiesen andere auf die Sinnhaftigkeit der sog. Lissabon­strategie der EU, deren Umsetzung freilich noch nicht zufrieden- stellend sei. oder auf den Erfolg des Binnen­mark­t­pro­jekts, auch wenn dieses, so die Einschätzung von Experten, einer Anpassung bedürfe, und unter­strichen allgemein die Notwendigkeit euro- päischer Maßnahmen, um die Wettbe­werb­s­fähigkeit der Unternehmen zu stärken. Zunehmenden gemein­samen Handlungs­bedarf konsta­tierten die Teilnehmer ferner in der Frage einer europäischen Energiepolitik.

Das dicht gedrängte Programm des VI. Deutsch-Italienischen Gesprächs­forums ließ den etwa 180 Teilnehmern zwar während der einzelnen Sektionen wenig Raum zur Diskussion; doch ergaben sich in den Konferen­z­pausen Möglichkeiten zu einem vertiefteren Meinungsaus­tausch. Die Ansprache der Bürger­meis­terin von Mailand Letizia Moratti, in der eindrucksvoll das enge Beziehungs­ge­flecht deutscher und italienischer Unternehmen zum Ausdruck kam, sowie die Ausführungen von Giovanni di Lorenzo, Chefredakteur der Wochen­zeitung Die Zeit, zu den wechsel­seitigen Vorstel­lungen und Einschätzungen von Deutschen und Italienern rundeten das Themen­spektrum gelungen ab.

Progamm als PDF-Download auf deutsch und italienisch.

By: Dr. Elfriede Regelsberger

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