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Lernen Sie unsere EurasiaLab-Fellows und ihre Forschungsprojekte kennen

Quelle: Pixabay

Das „Eurasia Lab & Fellowship Program“ des Instituts für Europäische Politik (IEP) rief Nachwuchs­wis­sen­schaft­le­rInnen, die zu Zentral­asien, dem Südkau­kasus und Osteuropa arbeiten, auf, sich mit ihren Forschungs­ideen für das Stipen­di­en­pro­gramm zu bewerben. Bis Mai 2021 unter­stützt das Programm die drei heraus­ra­gendsten Forschungs­pro­jekte mit einem einma­ligen Stipendium von bis zu 9.000 Euro und bietet den Forsche­rInnen die Möglichkeit, sich durch verschiedene Programm­ver­an­stal­tungen in das Netzwerk des IEP zu integrieren sowie an der Podcast-Reihe des EurasiaLab mitzuwirken

Unter allen Bewer­be­rInnen überzeugten uns drei Forschungs­teams am meisten von ihrer Exzellenz und Eignung für unser Fellowship-Programm durch ihre allge­meine akade­mische Qualität, heraus­ra­genden Forschungs­de­signs und Themen­vor­schläge. Eine kurze Darstellung der Teams, ihrer Forschungs­pro­jekte und den gemeinsam erstellten Podcast-Episoden finden Sie nachstehend.


Die EurasiaLab-Fellows

Vasil Navumau und Olga Matveieva: „Prospects of Post-Authoritarian Transformation in Belarus: Tracing Civic and Political Initiatives for Democracy Promotion“

Das Projekt zielt darauf ab, zivil­ge­sell­schaft­liche Initia­tiven, die im Zuge der Massen­mo­bi­li­sierung nach den gefälschten Präsi­dent­schafts­wahlen in Belarus im Jahr 2020 aufkamen, zu identi­fi­zieren. Diese Phase ist gekenn­zeichnet durch den Übergang von der zuvor präfe­rierten Strategie des „collective exit“ aus politisch aufge­la­denen Themen zurück zur „collective voice“ oder dem Protest gegen die Behörden. Das Forschungs­projekt analy­siert diese zivil­ge­sell­schaft­lichen Initia­tiven und setzt sie mit den existie­renden Instru­menten der Östlichen Partner­schaft und den EU-Mecha­nismen in Verbindung, um den Dialog über eine fried­liche Konflikt­re­gelung in Belarus zu erweitern. Darüber hinaus identi­fi­ziert das Projekt mögliche Koope­ra­ti­ons­an­sätze zwischen der EU und der belarus­si­schen Zivilgesellschaft.

Vasil Navumau, PhD in Sozio­logie, ist Visiting Fellow am Center for Advanced Internet Studies (Bochum) und zivil­ge­sell­schaft­licher Aktivist. Er ist Autor einer Monographie sowie verschie­dener Publi­ka­tionen zu Protest­be­we­gungen in Belarus und russi­scher Desin­for­mation in Belarus. Olga Matveieva, PhD in öffent­licher Verwaltung, ist Associate Professor am Institute for Public Adminis­tration. Ihre Forschungs­in­ter­essen umfassen E‑Governance, „conten­tious politics“, Gender-Fragen sowie globale Heraus­for­de­rungen für öffent­liche Verwal­tungs­systeme. Vasil und Olga veröf­fent­lichten mehrere in Ko-Autoren­schaft verfasste Artikel mit einer verglei­chenden Perspektive zu den Protesten in Belarus („Revolution of Consis­tency“) und in der Ukraine (Euromajdan) sowie zu den Auswir­kungen der COVID-19-Pandemie auf die Geschlech­ter­gleich­stellung in den beiden Ländern.

Zwischen­report (April 2021)

Mit Stand April 2021 hat das Forschungsteam fast 50 wichtige zivil­ge­sell­schaft­liche Initia­tiven identi­fi­ziert. Die Mehrheit von ihnen widmet sich der direkten Hilfe für Belarus­sInnen, die unter den Protesten gelitten haben. Während die meisten Initia­tiven keine spezi­fi­schen Zielgruppen ansprachen, boten einige von ihnen Unter­stützung speziell auf der Grundlage von Alter, Geschlecht sowie sozialem, politi­schem und wirtschaft­lichem Hinter­grund. Aus sozialer Sicht beispiels­weise, richtete sich die Hilfe an Gruppen, die durch die Repres­sionen und die Pandemie besonders gefährdet waren. In Bezug auf das Alter zielten die Initia­tiven auf Lösungen für die sich abzeich­nenden Probleme der Menschen im jungen und mittleren Alter sowie Ältere ab, die sich nicht schnell genug an die neue Realität anpassen konnten. Die angespannte Situation mit Protesten, Massen­ver­haf­tungen und Unruhen auf den Straßen, die durch brutale Polizei­ak­tionen provo­ziert wurden, hat sich durch die wachsende Zahl der mit COVID-19 infizierten Bürger verschärft. Diese explo­si­ons­artige Zunahme der Anzahl von Bürger­initia­tiven ist ein Zeichen für eine wieder­auf­le­bende, lebendige Zivil­ge­sell­schaft, die wiederum einen Indikator für die tiefgrei­fenden Verän­de­rungen in Belarus darstellen könnte.

Mehr über das Projekt von Olga und Vasil erfahren Sie hier im “Eurasia on the Move”-Podcast:
Eurasia on the Move Podcast – Episode 1: Belarus


Azizjon Berdiqulov, Muslimbek Buriev und Sergey Marinin: „Civil Society and the COVID-19 Governance Crisis in Kyrgyzstan and Tajikistan”

Das Forschungs­projekt hat zum Ziel, die Dynamiken der Aktivi­täten von zivil­ge­sell­schaft­lichen Organi­sa­tionen während der COVID-19-Pandemie in Kirgi­sistan und Tadschi­kistan zu identi­fi­zieren und zu charak­te­ri­sieren. Insbe­sondere wird unter­sucht, welche Rolle zivil­ge­sell­schaft­liche Organi­sa­tionen während der Krise einge­nommen haben, um die lokale Bevöl­kerung zu unter­stützen. Das Haupt­an­liegen des Forschungs­pro­jektes ist es, basierend auf dieser Analyse Empfeh­lungen zu entwi­ckeln, wie lokale Regie­rungen und inter­na­tionale Organi­sa­tionen die Strategien eines nicht­staat­lichen krisen­ge­trie­benen Aktivismus in ihre jewei­ligen Politik­an­sätze integrieren können.

Das Team besteht aus drei aufstre­benden Wissen­schaftlern, die in verschie­denen Bereichen arbeiten, aber einen gemein­samen akade­mi­schen Hinter­grund haben. Durch ihre Erfah­rungen in der Leitung von diversen Forschungs­pro­jekten haben die Teammit­glieder sowohl ihre Forschungs- als auch ihre Projekt­ma­nagement-Fähig­keiten weiter­ent­wi­ckelt. Über die enge Zusam­men­arbeit mit Experten, staat­lichen sowie nicht­staat­lichen Akteuren haben sie solide Kompe­tenzen in der Analyse der Politiken Zentral­asiens in Bezug auf Zivil­ge­sell­schaft und Demokra­ti­sie­rungs­pro­zesse, Menschen­rechte und politische Mobili­sierung von Minder­heiten erworben. Das Team kann – auch für die Umsetzung ihres Forschungs­pro­jekts – auf ein diverses Netzwerk insbe­sondere im zentral­asia­ti­schen Kontext zurück­greifen, wo persön­liche Kontakte für die Infor­ma­ti­ons­be­schaffung eine entschei­dende Rolle spielen.

Zwischen­report (April 2021)

Eine der wichtigsten Erkennt­nisse über die bishe­rigen Entwick­lungen in Kirgistan war die Tatsache, dass viele unserer Inter­view­partner die Arbeit zur Unter­stützung von Schlüs­sel­gruppen (wirtschaftlich Benach­tei­ligte, Behin­derte usw.) fortsetzen. Einige äußerten sogar ihre Bereit­schaft, sich in der Kommu­nal­po­litik zu engagieren, indem sie für einen Sitz im Gemein­derat kandi­dierten, was auf ihr nachhal­tiges Engagement für Verän­de­rungen hinweist. Generell hat sich jedoch keine grund­le­gende Verän­derung in der öffent­lichen Einstellung gegenüber NGOs ergeben. Die lokalen Behörden sind eher zur Koope­ration bereit; die Zentral­re­gierung und die Beamten der Haupt­stadt sind dem dritten Sektor gegenüber weniger wohlwollend einge­stellt. In Tadschi­kistan teilten einige Befragte mit, dass sie während der Pandemie eine gute und effektive Zusam­men­arbeit mit den verant­wort­lichen öffent­lichen Stellen hatten, die auf bereits guten Bezie­hungen durch gemeinsame Initia­tiven und die Zusam­men­arbeit in der Vergan­genheit aufbauten. Bis auf den Fall eines Befragten gab es keine Heraus­for­de­rungen oder Hinder­nisse von staat­licher Seite für Hilfs­pro­jekte und ‑aktivi­täten. Unter­schied­liche Kontexte für die NGO-Arbeit in beiden Ländern und das Maß an politi­scher Freiheit beein­flussten die zivil­ge­sell­schaft­liche Reaktion auf die Pandemie-bedingte Krise. Dennoch zeichnen sich in beiden Staaten klare Tendenzen ab, die aufzeigen, dass NGOs und eine Vielzahl von Freiwil­li­gen­gruppen den Staat entweder vollständig ersetzt oder zahlreiche Lücken überbrückt haben, die durch die staat­liche Nachläs­sigkeit entstanden sind. Nichts­des­to­trotz haben die Zivil­ge­sell­schaften in beiden Ländern eher ein koope­ra­tives als ein alter­na­tives Modell der Inter­aktion gewählt, in dem das Zusam­men­spiel von Staat und NGOs auf den unteren Ebenen mäßig erfolg­reich war.

Mehr über das Forschungs­projekt von Azizjon, Muslimbek und Sergey im “Eurasia on the Move”-Podcast erfahren Sie hier:
Eurasia on the Move Podcast – Episode 2: Kirgistan und Tadschikistan


Mihai-Razvan Corman and Eliana Coraci: “EU external anti-corruption promotion. A case study on the Republic of Moldova”

Das Forschungs­projekt „EU external anti-corruption promotion. A case study on the Republic of Moldova“ hat zum Ziel, die grund­le­genden Faktoren, die die Antikor­rup­ti­ons­po­litik der EU in Moldau fördern, zu identi­fi­zieren. Dabei stehen die recht­lichen Kompe­tenzen und Instru­mente der EU zur Korrup­ti­ons­be­kämpfung in Moldau im Fokus. Dem Projekt liegt die Beobachtung zugrunde, dass die Republik Moldau eines der korrup­testen Länder der Welt ist. Die Förderung der EU-Korrup­ti­ons­be­kämpfung ist von hoher politi­scher Relevanz für die Zukunft der EU-Moldau-Bezie­hungen sowie für die Bestre­bungen des Landes, eine Demokratie nach europäi­schem Vorbild, mit einem funktio­nie­renden Rechts­staat sowie einer freien, fried­lichen und wohlha­benden Gesell­schaft, zu werden.

Mihai-Razvan Corman ist Doktorand an der Univer­sität Gent und freier Berater für die Europäische Kommission und das Institute of European Democrats, einem vom Europäi­schen Parlament geför­derten Think-Tank. Eliana Coraci ist Wissen­schaft­lerin und Analystin mit Expertise zu Desin­for­mation in der Östlichen Partner­schaft. Aktuell ist sie für die NATO in Brüssel tätig. Nicolas Heger ist Programm­ko­or­di­nator an der Kyiv Mohyla Academy (NaUKMA) und Berater für die GIZ Ukraine. Mihai, Eliana und Nicolas sind Mitglieder und Research Fellows des Deutsch-Moldaui­schen Forums, einer Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sation mit Sitz in Chisinau zur Förderung des europäi­schen Integra­ti­ons­pro­zesses in Moldau.

Zwischen­report (April 2021)

Für den Europarat, dessen langjäh­riges Mitglied Moldau ist, ist die Bekämpfung der Korruption ein unver­zicht­bares Element für einen demokra­ti­schen Staat und die Rechts­staat­lichkeit. Unser Projekt unter­sucht die Art und das Ausmaß der Korruption in Moldau, analy­sierte zwei wichtige externe Akteure, die die Korruption im Land bekämpfen wollen — die Europäische Union (EU) und der Europarat — und stellte die wichtigsten recht­lichen Instru­mente dar, mit denen die EU ihre Antikor­rup­ti­ons­po­litik gegenüber Moldau verfolgt. Wir haben vier Inter­views mit moldaui­schen Regie­rungs­ver­tre­te­rInnen, NGO-Vertre­te­rInnen und BeamtInnen der EU-Delegation in Moldau und des Europarats geführt. Während die EU hohe Ambitionen in Moldau hat, werden ihre Bemühungen zur Korrup­ti­ons­be­kämpfung durch die Grenzen ihrer internen recht­lichen Kompe­tenzen einge­schränkt. Zwischen April und Mai 2021 wird das Projekt auf den durch­ge­führten Unter­su­chungen aufbauen. Durch die Analyse der aktuellen Politik gegen Betrug und der illegalen Partei­en­fi­nan­zierung, wird das Projekt unter­suchen, ob das selbst­er­nannte Ziel der EU, die Korruption in Moldau zu bekämpfen, tatsächlich durch das Assozi­ie­rungs­ab­kommen zwischen der EU und Moldau unter­stützt wird.

Mehr über das Forschungs­projekt von Mihai und Eliana im “Eurasia on the Move”-Podcast erfahren Sie hier:
Eurasia on the Move Podcast – Episode 3: Moldau


Wir erhielten eine überwäl­ti­gende Anzahl von 97 Bewer­bungen von einzelnen Forsche­rInnen wie auch von Forschungs­teams. Die meisten Bewer­bungen kamen aus Zentral­asien, gefolgt vom Südkau­kasus und Osteuropa. Bezogen auf die einzelnen Länder erreichten uns die meisten Bewer­bungen aus Georgien, gefolgt von Kirgi­sistan, Kasachstan und Usbekistan. In den vorge­schla­genen Forschungs­themen spiegelten sich die trans­for­ma­tiven politi­schen und sozio-ökono­mi­schen Entwick­lungen in Eurasien wider. Ein Großteil der Forschungs­an­träge hatte verschiedene aktuelle Trends in der Region im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie, politische Konflikte, Korruption sowie zivil­ge­sell­schaft­liche Akteure und Initia­tiven, die die politische Landschaft der Region prägen, zum Gegenstand.

Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um allen Forsche­rInnen und Forschungs­teams für ihre Bewerbung und ihr Interesse an unserem Programm zu danken. Das überwäl­ti­gende Interesse an den Entwick­lungen und Heraus­for­de­rungen in der Region in einer Zeit wie dieser dient uns als Inspi­ration und bestärkt uns in unserem Engagement, zu Eurasien arbei­tende Forsche­rInnen zu vernetzen.


Dieses Projekt wird von den Open Society Founda­tions (OSF) unter­stützt. Die Ansichten, die im Rahmen der Projekt­ak­ti­vi­täten und Publi­ka­tionen geäußert werden, spiegeln nicht unbedingt OSFs Meinungen wider.