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IEP-Kommentar: Zum niederländischen Referendum und der Ukraine

Der 6. April 2016 war ein schlechter Tag für Europa. Die Ablehnung des EU-Assozi­ie­rungs­ab­kommens mit der Ukraine in einem Referendum in den Nieder­landen löste Freude im Lager des Rechts­po­pu­listen und Europa­gegners Geert Wilders aus.

Wilders sieht hierin den ersten Schritt zur Demontage Europas durch weitere Volks­be­fra­gungen. Abzuwarten bleibt, ob das auch künftig mit dem Erreichen eines Quorums der gesetzlich erfor­der­lichen 30 % der Stimmen der Wahlbe­rech­tigten in den Nieder­landen funktio­nieren wird.

Mit großer Wahrschein­lichkeit schlugen vorgestern auch die kurz vor dem Referendum veröf­fent­lichten sogenannten Panama Papers zu Buche. Nach dem russi­schen Präsi­denten Putin nannten diese auch den ukrai­ni­schen Präsi­denten Poroschenko und stellen beide in Zusam­menhang mit Brief­kas­ten­firmen und der Verschleierung von Kapitaltransfers.

Das Votum der Nein-Sager unter den Nieder­ländern löste mit Sicherheit Freude im Kreml in Moskau aus. Von dort hatte man versucht, das Abkommen zu verhindern und schreckte nicht davor zurück, militä­rische Mittel zu nutzen, um den Westkurs der Ukraine zu erschweren.

Kommt es nun so, dass 2,7 Millionen hollän­dische Wähler das gesamte Abkommen in Frage stellen? Ein Abkommen, das von den Parla­menten in allen anderen 27 EU-Mitglied­staaten bereits ratifi­ziert wurde und den Willen von 500 Millionen EU-Europäern reprä­sen­tiert? Ein Abkommen, das nicht zuletzt eine große politische und wirtschaft­liche Bedeutung für 43 Millionen Ukrainer hat, von denen einige auf dem Maidan genau dafür und für die Annäherung an Europa ihr Leben gelassen haben?

Das muss nicht so sein. Das Referendum hat lediglich konsul­ta­tiven Charakter, wenn auch politische Wirkung. Vertrauen wir darauf, dass der nieder­län­di­schen Regierung, die derzeit die Ratsprä­si­dent­schaft in der EU ausübt, und dem nieder­län­di­schen Parlament, das sich wohl erneut über das Ratifi­zie­rungs­gesetz beugen wird, eine mutige Lösung für den Erhalt des europa­po­li­tisch wichtigen Abkommens gelingt.

Hinter­grund­in­for­ma­tionen zu diesem Thema finden Sie in den Publi­ka­tionen des IEP: Als Volltexte finden Sie hier zum Einen eine fundierte Erläu­terung der Europäi­schen Nachbar­schafts­po­litik von Katrin Böttger aus dem Taschenbuch und zum Anderen eine Analyse zur Zukunft der deutschen und europäi­schen Russland- und Ukraine­po­litik von Karsten D. Voigt aus der integration 4/15.

Mathias Jopp (Direktor des IEP)