IEP-Mittagsgespräch mit Prof. Roy H. Ginsberg am 23. März 2007: 50 Jahre Römische Verträge: Eine transatlantische Perspektive auf fünf Jahrzehnte europäische Integration und darüber hinaus
Prof. Roy Ginsberg, Skidmore College, Sarasota Springs, New York/USA, skizzierte in seinem Vortrag im Jean-Monnet-Haus die Entwicklung der EU in den 50 Jahren, die seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge vergangen sind, als transatlantische Erfolgsgeschichte. Die EU könne stolz auf das Geleistete sein, ihr Modell der Versöhnung und Integration sei in globalem Maßstab unerreicht. Doch gerade im Rückblick dürfe diese Epoche des Friedens nicht als selbstverständlich betrachtet werden. Nachdem Europa jahrzehntelang von der durch NATO und USA gewährleisteten Sicherheit profitierte sei es nun an der Zeit für die EU, selbst noch aktiver als zuvor zur Verbreitung von Stabilität und Sicherheit in der Welt beizutragen.
Dies, so Ginsberg, könne am besten gelingen, wenn die EU ihr integrationsbasiertes Modell in andere Regionen zu exportieren versuche. Instrumente der Diplomatie sollten dabei natürlich im Vordergrund stehen, aber ohne einen stabilen Rückhalt durch handlungsfähige Streitkräfte, die im Rahmen der Petersberg-Aufgaben eingesetzt würden, sei dieser Versuch wenig Erfolg versprechend. Nach der Feuertaufe auf dem Balkan in den 1990er Jahren habe sich in den letzten Jahren, trotz beschränkter militärischer Kapazitäten, ein stärkeres Bewusstsein für europäische Sicherheitspolitik entwickelt, wie etwa die Einsätze im Kosovo zeigen.
In diesem Zusammenhang sei es erforderlich, so Ginsberg, dass die Kooperation zwischen EU und NATO intensiviert würde.
Die zurückliegenden 50 Jahre der Europäischen Union seien eine historische Errungenschaft. Zunächst als „Elitenprojekt“ gegründet, müsse nun verstärkt die Verlässlichkeit und Funktionsfähigkeit der Gemeinschaft in den Fokus der Betrachtungen rücken. Die konstitutionelle Grundlage solle optimiert werden, zugleich müsse eine stärkere Beteiligung der Bürger stattfinden. Trotz dieses internen Handlungsbedarfs, sieht Ginsberg die europäische Sicherheitspolitik als bedeutsamstes Betätigungsfeld der Zukunft. In diesem Zusammenhang müsse auch bei der Diskussion um mögliche Erweiterungen darauf geachtet werden, keine neuen Spannungen aufzubauen.
Die große Herausforderung für die EU in den nächsten Jahrzehnten sei, so Ginsberg abschließend, die Erfahrungen der eigenen Geschichte zu nutzen, um die Demokratisierung auch in anderen Regionen weiter voranzutreiben.