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IEP-Mittagsgespräch mit Per Poulsen-Hansen am 17. Januar 2012: “Dänemark als Brückenbauer”

Beim ersten IEP Mittags­ge­spräch im neuen Jahr sprach der dänische Botschafter in Berlin, Per Poulsen-Hansen über die Ziele der dänischen EU-Ratsprä­si­dent­schaft im ersten Halbjahr 2012, ganz im Zeichen der Schul­den­krise stehe. Dies sei Europas schwerste Krise seit Jahrzehnten, wobei die kommenden sechs Monate Europas Weg aus der Krise entscheidend mitbe­stimmten. Dieser Weg erfordere eine enge Zusam­men­arbeit und Kompro­miss­be­reit­schaft von allen EU-Staaten. In diesem Prozess könne Dänemark als Nicht-Euro-Land als Brücken­bauer agieren, indem es sich konstruktiv an den Gesprächen zum Fiskal­paket beteiligt. Obwohl Dänemark ein möglichst globales Vorgehen bei der Finanz­trans­ak­ti­ons­steuer avisiere und dem Kommis­sions-Vorschlag skeptisch gegenüber stehe, will das Land loyal für gemein­schaft­liches Handeln werben und Möglich­keiten diesbe­züglich ausloten.
Das Ziel der dänischen Ratsprä­si­dent­schaft, die unter dem Motto „Europa bei der Arbeit“ steht, sei die Schaffung eines verant­wort­lichen, dynami­schen, grünen und sicheren Europas. Dabei bedeute ein verant­wort­liches Europa Stabi­lität der Haushalte, die Förderung nachhal­tigen Wachstums und die Durch­führung des Europäi­schen Semesters. Des Weiteren solle eine glaub­würdige Umsetzung des Stabi­litäts- und Wachs­tums­paktes konse­quente Anwendung finden. Der mehrjährige Finanz­rahmen müsse sich an den aktuellen Möglich­keiten der EU-Volks­wirt­schaften orien­tieren; hier sei als ambitio­niertes Ziel ein Beschluss bis Ende 2012 avisiert.

In einem dynami­schen Europa müsse das Wirtschafts­wachstum wieder angekurbelt werden; es brauche mehr Beschäf­tigung und Wettbe­werbs­fä­higkeit. Das Jahr 2012 markiere das 20-jährige Bestehen der Wirtschafts- und Währungs­union, welche als Erfolg für Europa verbucht werden könne. Nun gelte es, durch bessere Handels­po­litik die Arbeits­grundlage der Unter­nehmen zu stärken, und durch nachhaltige und gerechte Entwick­lungs­po­litik einen Beitrag in der Welt zu leisten.

Ein grünes Europa solle in erster Linie die Umstellung zu einer grüneren Wirtschaft verfolgen, die mit der Förderung des Klima­schutzes und grünem Wachstum einher gehe. Die dänische Ratsprä­si­dent­schaft werde sich in diesem Bereich für eine Stärkung der Energie­infra­struktur, eine grüne Verkehrs­po­litik, grüne Standards des Wirtschaftens und eine starke und ehrgeizige Klima­po­litik einsetzen, nicht zuletzt um die EU als starken Akteur auf die Konferenz der Vereinten Nationen über nachhaltige Entwicklung („Rio+20“) aufzustellen.
Ein sicheres Europa erfordere in erster Linie eine starke europäische Zusam­men­arbeit, insbe­sondere im laut Poulsen-Hansen reform­be­dürf­tigen Schengen-Raum. Hier wolle die dänische Ratsprä­si­dent­schaft eine Mittler­rolle übernehmen. Des Weiteren wolle man sich für die verant­wor­tungs­volle Fortsetzung des Erwei­te­rungs­pro­zesses ein, was bedeute, dass neue Mitglieds­staaten die Schengen-Verpflich­tungen erfüllen müssten. Zu den einzelnen Ländern äußerte der Botschafter sich positiv: die Verhand­lungen mit der Türkei sollten wieder aufge­nommen werden und Dänemark hoffe, dass Serbien bald Kandi­da­ten­status erreichen könne.

Zu den dänischen „opt-outs“ sagte Poulsen-Hansen, dass es keine Umsetzung der vor einiger Zeit angedachten Grenz­kon­trollen geben werde. Außerdem solle der Vorbehalt in der Vertei­di­gungs­po­litik fallen, was jedoch an eine Volks­ab­stimmung gekoppelt sei. Diese sei aller­dings nicht mehr während der EU-Ratsprä­si­dent­schaft durch­zu­führen sei, aber noch im Laufe dieser Legis­la­tur­pe­riode der dänischen Regierng. Ebenso verhalte es sich mit einem eventu­ellen „opt-in“ bei der Justiz­po­litik. Der Beitritt zum Euroraum hingegen sei zur Zeit aufgrund der Krise kein Thema und wäre überdies ebenfalls an ein derzeit chancen­loses Referendum gekoppelt.

In der anschlie­ßenden Diskussion führte Poulsen-Hansen die dänischen Vorschläge zur Überwindung der Finanz­krise und die Bekämpfung des Demokra­tie­de­fizits der EU aus. Um das Wachstum zu stimu­lieren, müsse vor allem das bereits Beschlossene imple­men­tiert werden. Bezüglich des mehrjäh­rigen Finanz­rahmens wurde der Kommis­sions-Vorschlag als eine gute Grundlage gewertet, wobei die dänische Position der deutschen sehr ähnele. Wichtig sei, dass Europa mit einer Stimme spreche. Um den Abstand zwischen den EU Insti­tu­tionen und den Bürgern zu verringern, müsse auch von Seiten der Mitglieds­staaten mehr geleistet werden. Die dänische Ratsprä­si­dent­schaft sei sehr trans­parent und offen und leiste dadurch einen Beitrag zur Demokra­ti­sierung der EU.

Weiter­füh­rende Links:
Website der dänischen Ratsprä­si­dent­schaft: http://eu2012.dk/de
Bericht zur dänischen Ratsprä­si­dent­schaft im European Circle


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