IEP-Mittagsgespräch mit Mihai-Razvan Ungureanu am 7. Februar 2006: “Prospects of European integration”
Mihai-Razvan Ungureanu, Außenminister Rumäniens, zeichnete ein positives Bild der aktuellen Lage in Rumänien, das Teil der 5. Erweiterungswelle der EU sei. Rumänien werde eine Reihe von positiven Eigenschaften mit in die EU bringen. Die Wirtschaft verzeichne hohe Wachstumsraten. Das Arbeitskräftepotential sei sehr gut ausgebildet und Rumänien ein großer Exportmarkt für Güter aus den Mitgliedstaaten der EU.
Rumänien teile mit vielen Mitgliedstaaten gesellschaftliche Strukturprobleme, wie den wachsenden Anteil der älteren Bevölkerung bei zurückgehendem Anteil der Jüngeren und werde gemeinsam in der EU nach Lösungen suchen. Hierbei ist deutlich, so Ungureanu, dass eine liberale Wirtschaftpolitik nur im Zusammenspiel mit sozialen Grundrechten Europa den Bürgern näher bringe und die Akzeptanz sichere. Gesellschaftlich bedeute dies Chancengleichheit – Zugang zu Bildung und dem Arbeitsmarkt sowie lebenslanges Lernen – und eine solide Infrastruktur im F&E‑Bereich und für Innovationen.
Der Außenminister betonte, dass Rumänien eine Brücke gerade zu dem Okzident und Orient herstellen könne. Die geografische Lage prädestiniere Rumänien dafür. Allerdings könne nur über eine stärkere Kooperation das Vertrauen der Nachbarn gewonnen werden.
Ungureanu erläuterte, dass sich Rumänien für eine gemeinsame Schwarzmeerpolitik der EU stark machen werde. Darüber hinaus benötige die Nachbarschaftspolitik der EU (ENP) neue Impulse und eine stärkere Ausgestaltung. Der zeitweise Rückgang von Gaslieferungen in Mitgliedstaaten der EU, verursacht durch den Gas-Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, habe die momentane Schwäche der ENP offenbart. In diesem Sinne benötigten auch die Beziehungen zu Russland neue Akzente. Als eine weitere Aufgabe einer EU-27 erwähnte der Außenminister die Lösung des Transnistrien-Problems.
Der Außenminister betrachtete den Erweiterungsprozess im Prozess der Globalisierung. Jede Erweiterung habe die EU im globalen Wettbewerb gestärkt und sei zum Motor der Integration geworden. Heute stehe die EU vor allen Dingen in Konkurrenz mit China und den Ländern Asiens und weniger im Wettbewerb der Mitgliedstaaten untereinander.
In der Diskussion und Aussprache wurden vor allem folgende Punkte angesprochen und vertieft:
- die neue Visapolitik Rumäniens gegenüber seinen Nachbarn, insbesondere Moldau,
- die Anstrengungen Rumäniens, die Korruption effizient zu bekämpfen,
- die transatlantischen Beziehungen,
- der Ratifizierungsprozess des Beitrittsvertrages in den Mitgliedstaaten und die Option einer Verschiebung des Beitritts auf 2008,
- der Umgang mit den Verbrechen des kommunistischen Geheimdienstes Securitate.