IEP-Mittagsgespräch mit Dr. Werner Hoyer am 5. September 2013: “Die Rolle der Europäischen Investitionsbank bei der Schaffung von Wachstum und Beschäftigung in Europa”
Am 5. September 2013 referierte Dr. Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank, im Rahmen eines IEP-Mittagsgesprächs in der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin zur Rolle der EIB bei der Schaffung von Wachstum und Beschäftigung in Europa. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Hartmut Marhold, Direktor des Centre International de Formation Européenne, moderiert.
Die Begrüßung der Gäste übernahm Matthias Petschke, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin. Er hob die Bedeutung der EIB als „Bank der EU“ und ihre Aufgabe im Hinblick auf eine nachhaltige Erholung der europäischen Wirtschaft hervor. Langfristige Investitionen, wie sie von der EIB betrieben werden, seien kein Selbstzweck, sondern dienten der Schaffung von Wachstum und Beschäftigung sowie der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Hierfür, führte Petschke aus, arbeite die Europäische Kommission eng mit der EIB zusammen.
Dr. Hoyer betonte in seinem Vortrag zunächst die Relevanz koordinierter Handlungen innerhalb der EU zur Stabilisierung und Stimulierung der europäischen Wirtschaft. Europa durchlebe derzeit eine schwierige Phase, in der die politischen und wirtschaftspolitischen Handlungen verschiedener europäischer Institutionen oftmals unkoordiniert wirkten. Er führte jedoch aus, dass die Europäische Zentralbank, die Eurogruppe, die Europäischen Kommission, der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM)und die EIB eng zusammenarbeiten. Dabei erfülle jede dieser europäischen Einrichtungen eine spezielle Aufgabe, die im Zusammenspiel mit den anderen die Bekämpfung der Krise optimiere. Die Rolle der EIB sei durchaus als eine relativ angenehme zu betrachten: Die Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft zur Generierung von Wachstum und Beschäftigung sei nicht zu vergleichen mit den Austeritätspolitiken der anderen Institutionen. Jedoch, und dies betonte Dr. Hoyer ausdrücklich, sind die Investitionen der Bank komplementär zu diesen Sparmaßnahmen zu verstehen – die eine Politik würde ohne die andere ins Leere laufen. Dr. Hoyer stellte heraus, dass erste Erfolge zu verzeichnen seien – ein leichter Anstieg der Wachstumszahlen der EU und Euro-Staaten im zweiten Quartal 2013 markierten das Ende einer 18-monatigen Rezession.
Bevor Dr. Hoyer ausführlicher auf die Rolle der EIB bei der Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise einging, stellt er das Geschäftsmodell und die Schwerpunktbereiche der EIB vor. Grundsätzlich sieht das Geschäftsmodell der Bank vor, dass sie keine EU-Gelder verleiht, sondern Geldmittel, welche sie zuvor auf dem privaten Kapitalmarkt aufgenommen hat. Als Basis hierfür dient der Bank allerdings das von ihren Anteilseignern zur Verfügung gestellte und (teilweise) eingezahlte Eigenkapital. Das eingezahlte Eigenkapital wurde 2012 durch die Anteilseigner, die 28 EU-Mitgliedstaaten, verdoppelt. Daher ging sein besonderer Dank an die EU-Mitgliedstaaten. Die Wirkung, die diese Entscheidung auf die Märkte hatte, war weitreichend: während der Bank von den Märkten und den einschlägigen Rating-Agenturen vorher aufgrund des überschaubaren Eigenkapitals und des riesigen Volumens der Bankaktivitäten eine gewisse Skepsis entgegengebracht worden sei, gelte das AAA-Rating der EIB nun als gesichert. Dies sei zum einen auf die Verdopplung des Eigenkapitals, zum anderen auf die Qualität der angebotenen Produkte zurückzuführen. Darüber hinaus betreibt die Bank keine Alleinfinanzierung von Projekten, sondern vergibt Kredite in Zusammenarbeit mit vergleichbaren Einrichtungen wie der KfW. Hierbei setze sie, so Dr. Hoyer, auf eine Hebelwirkung: Externe Fördergelder und Investoren sollen durch die Kreditvergabe der EIB mobilisiert werden.
In Bezug auf die Arbeit der EIB bei der Bewältigung der Finanzkrise betonte Dr. Hoyer, dass eine Förderbank antizyklisch handeln und verstärkte Aktivitäten in den Programm- und Krisenländern an den Tag legen müsse. Es sei allerdings nicht zu vergessen, dass die EIB nicht alleine die Bank der Programmländer oder der Eurozone sei, sondern vielmehr die Bank der 28 EU-Mitgliedstaaten – und als solche solle sie überall präsent sein. Sie dürfe jedoch auch nicht anfangen in Quoten zu denken – dies sei weder wirtschaftlich sinnvoll noch vereinbar mit dem europäischen Gedanken. Projekte müssten vielmehr wirtschaftlich und politisch finanzierungswürdig sein.
Aktuelle Entwicklungen und Aufgaben der EIB konzentrieren sich auf mehrere Bereiche. Zum einen sei es von entscheidender Bedeutung, dass die EIB der Desintegration und Renationalisierung der Märkte entgegenwirke. Es bestehe daher Bedarf an der Einführung neuer Instrumente in Europa; dies sei jedoch schwierig, da zunächst Vertrauen für diese Produkte geschaffen werden müsse. Die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank und die EIB arbeiten hier eng zusammen. Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich der EIB sei die Bereitstellung und Verwaltung von sogenannten Projektbonds, Geldern aus dem EU-Budget, mit denen private Investitionen unterstützt werden sollen, indem die Kreditqualität von Anleihen durch die Übernahme von Garantien verbessert wird. Die Pilotphase ist hier angelaufen. Ein weiterer Fokus der EIB liegt auf dem Trade-Finance, einem kurzfristigen Finanzierungsinstrument für kleine und mittlere Unternehmen, mit dem die EIB Geschäftsbanken Garantien für die internationale Handelsfinanzierung dieser Unternehmen gewährt. Momentan ist dieses Instrument noch auf Unternehmen in Griechenland beschränkt, jedoch haben auch andere EU-Länder Interesse angemeldet. Einen wesentlichen Beitrag, so Dr. Hoyer, leiste die EIB auch im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Dies sei ein wichtiges Thema, das leider erst viel zu spät aufgegriffen wurde. Dr. Hoyer schlug vor, das im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen hierfür vorgesehene Geld als Erweiterung der EIB Kapitalbasis zu benutzen, um diese in die Lage zu versetzen, mehr Kredite in diesem Bereich zu vergeben. Allerdings betonte Dr. Hoyer, dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit nicht ausschließlich über Banken und durch die Vergabe von Krediten zu bewältigen sei. Viele Länder litten auch an strukturellen Problemen, weshalb die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert seien, komplementär zu den EIB-Investitionen ihre Strukturreformen voran zu treiben.
Die EIB stelle sich, wie auch alle anderen EU-Institutionen der Krise; dies gehe mit einer Veränderung des Charakters ihrer Arbeit einher. Sei sie früher eher für „Schwertransporte“ zuständig gewesen, biete sie inzwischen eine „breitere Palette an Fahrzeugen“ an – sie sei deutlich beweglicher und flexibler geworden. Hiermit sei es ihr möglich einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten.