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IEP-Mittagsgespräch mit Claude-France Arnould am 6. November 2002: “Probleme und Perspektiven einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik”

Am 6. November 2002 fand im Jean-Monnet-Haus das IEP-Mittags­ge­spräch mit Claude-France Arnould, Direk­torin, General­se­kre­tariat des Rates der Europäi­schen Union, General­di­rektion E, Direktion VIII Vertei­di­gungs­fragen und Dr. Eckhard Lübke­meier, Leiter des Referats Europäische Sicher­heits- und Vertei­di­gungs­po­litik, Auswär­tiges Amt, statt.

Die reine Notwen­digkeit des Erfolges und der Weiter­ent­wicklung der EU zu einem verläss­lichen und fähigen Akteur auf der inter­na­tio­nalen Bühne seien Gründe für eine optimis­tische Bewertung der ESVP, so Claude-France Arnould zu Beginn ihrer Ausfüh­rungen. Leider gebe es aber auch Anlass zur Sorge: so seien die trans­at­lan­ti­schen Bezie­hungen derzeit auf einem Tiefpunkt und der Rat befände sich durch einen Hang zu “paper work” auf dem Wege zur “WEU-isierung” jenseits der prakti­schen Politik. Auch Eckhard Lübke­meier stellte fehlenden politi­schen Willen fest, das Schlüs­sel­projekt europäi­scher Integration, die ESVP, handlungs­fähig zu machen.

Die Ablösung der Nato-Mission Amber Fox in Mazedonien sei ein erster Test der Handlungs­fä­higkeit der ESVP im militä­ri­schen Bereich, setze jedoch eine EU-Nato-Dauer­ver­ein­barung voraus, die für den Europäi­schen Rat in Kopen­hagen (Dezember 2002) erwartet wird. Lübke­meier betonte die Notwen­digkeit, in diesem Zusam­menhang die Inter­ope­ra­bi­lität von Nato und ESVP als deren europäi­scher Pfeiler sicher­zu­stellen, was gleich­zeitig auch einen Beitrag zur Stärkung der trans­at­lan­ti­schen Bezie­hungen darstelle. Die Verbes­serung der Instru­mente und Struk­turen sah auch Arnould als wichtige Aufgabe zur Verbes­serung der Handlungs­fä­higkeit der ESVP an. Um zivile und militä­rische Instru­mente gebündelt nutzen zu können, müssten die Verant­wort­lich­keiten klar geregelt und die Exeku­tiv­funk­tionen im General­se­kre­tariat des Rates angesiedelt sein. Anzustreben sei auch ein insti­tu­tio­na­li­sierter Dialog zwischen der USA und einer selbst­be­wuss­teren EU über Sicher­heits- und Verteidigungsfragen.

Die Integration der Beistands­klausel (Artikel 5) des WEU-Vertrages oder der Perspektive der gemein­samen Vertei­digung des Artikels 17 EU-Vertrages in eine europäische Verfassung könnte in Betracht gezogen werden. Dies berge jedoch die Gefahr, die EU durch diese hohe Verant­wortung übermäßig zu strapa­zieren, warnte Lübke­meier. Dagegen seien von einer deutsch-franzöi­schen Initiative neue Impulse für eine Stärkung der ESVP zu erhoffen, indem beide Länder durch die Ausweitung des Instru­ments der verstärkten Zusam­men­arbeit auf die Vertei­di­gungs­po­litik auf diesem Wege voran­schreiten. Auch Arnould sieht die verstärkte Zusam­men­arbeit, etwa durch eine gemeinsame Rüstungs­agentur, als eine Möglichkeit zu einem weiteren Ausbau der Vertei­di­gungs­po­litik an. Generell müsse sich die ESVP aber auch für die Zukunft die Frage stellen, was unter Krisen­ma­nagement zu verstehen sei und wie die Union auf neue Heraus­for­de­rungen reagieren könne. Eine Umfor­mu­lierung der Petersberg-Aufgaben im Hinblick auf die Terro­ris­mus­be­kämpfung sei jedoch aus deutscher Sicht, so Lübke­meier, nicht notwendig.