Expertengespräch: Present challenges for the EU’s foreign policy — What Italy and Germany may offer to perform better
Im Mittelpunkt eines maßgeblich vom Auswärtigen Amt geförderten zweitägigen Expertengesprächs am 10./11. November 2011 in Rom stand die Frage nach der Rolle Italiens und Deutschlands in der Gemeinsamen Außen‑, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU.
Ca. 25 Experten aus Wissenschaft und Administration diskutierten in einer sehr offenen Atmosphäre über deutsch-italienische Gleichklänge und/oder Unterschiede bei zentralen Themen wie der Weiterentwicklung von GASP und GSVP seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, der europäischen Nachbarschaftspolitik und der europäischen Politik im „arabischen Frühling“.
Die vom Institut für Europäische Politik (IEP) in Kooperation mit dem Istituto Affari Internazionali (IAI) durchgeführte Veranstaltung offenbarte einen – im Vergleich zu früher noch deutlicheren – Gleichklang, nationale Außenpolitik primär im EU-Kontext zu führen, gestützt auf die Erkenntnis, dass kollektives europäisches Handeln einen deutlichen Mehrwert gegenüber unilateralem Vorgehen bietet. Deutschland und Italien bewegen sich in ihren Positionen dabei stets im „Mainstream“ der EU-27, während andere Partner und namentlich die anderen größeren EU-Länder Frankreich und Großbritannien die Konsensfindung erschweren, wie jüngste Beispiele – etwa die Abstimmung über die Aufnahme Palästinas in die UNESCO oder die Spaltung in der Frage eines GSVP-Hauptquartiers in Brüssel – belegen.
Während der Veranstaltung war durchgehend von einer engen deutsch-italienischen Partnerschaft die Rede, die sich sowohl an einem engmaschigen Kontaktnetz auf administrativer Ebene zu GASP-Themen festmachen lässt wie auch an gemeinsamen Grundüberzeugungen zu wichtigen GASP-Politikfeldern, auch wenn es in Detailfragen Nuancierungen geben mag. Potenzial für ein stärkeres gemeinsames Engagement scheint bei Fragen vorhanden zu sein, die ein noch wirksameres Umsetzen der neuen Bestimmungen des Vertrags von Lissabon betreffen. Hier könnten beide Regierungen mehr Führungswillen zeigen, insbesondere der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und ihrem Europäischen Auswärtigen Dienst den „richtigen“ Platz im GASP-System zu sichern und dieses ggf. noch weiter zu verfeinern. Bei der Debatte über weitere Reformschritte hatte es den Anschein, als ob Italien einen noch integrationsoffeneren Kurs als Deutschland fahren wollte, wenngleich jegliche weitergehenden Ansätze wie etwa eine stärkere Koordinierung im Rahmen der UN und insbesondere im Sicherheitsrat von den dortigen Ständigen europäischen Mitgliedern verneint werden dürften. Die Suche nach anderen „Verbündeten“ im Kreis der EU-27 könnte hierbei ebenso hilfreich sein wie aktuelle nationale Haushaltszwänge, die etwa ein Fortkommen bei der vereidigungspolitischen Zusammenarbeit befördern könnten. Dort gibt es mit der Initiative des Weimarer Dreiecks (Deutschland, Frankreich, Polen), der sich Italien (und Spanien) angeschlossen hat, möglicherweise weiteren Spielraum für ein gemeinsames Vorgehen ggf. in einem kleineren Kreis von EU-Ländern im Rahmen der mit Lissabon neu geschaffenen Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit. Fraglich bleibt allerdings, inwieweit es gelingt, Großbritannien als einen wichtigen außenpolitischen „Spieler“ weiterhin für GASP und GSVP zu gewinnen und bis zu welchem Grad die (Wahl)Bürger in Deutschland und Italien gerade ein stärkeres sicherheits- und verteidigungspolitisches Engagement ihres Landes in Zukunft unterstützen. Hier besteht zumindest in Deutschland Erklärungsbedarf, wenn es um konkrete militärische Einsätze geht, der gegenwärtig allerdings von der alles beherrschenden Finanzkrise überlagert wird, während in Italien der Rücktritt von Ministerpräsident Berlusconi dieser Tage die Gemüter am meisten beschäftigt.
Von: Dr. Elfriede Regelsberger