#1stYoungCitizens’Convention in Berlin ermöglicht Austausch zwischen jungen EU-BürgerInnen, zivilgeselleschaftlichen Kampagnen und Bundespräsident Steinmeier
Einen Monat vor den Europawahlen hat das Institut für Europäische Politik (IEP) am 30. April 2019 gemeinsam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, wahlberechtigten BürgerInnen und zivilgesellschaftlichen Kampagnen im Rahmen der #1stYoungCitizens’Convention in Berlin ein starkes Zeichen für Europa gesetzt. Im Mittelpunkt stand dabei die Präsentation des Zukunftsmanifests „Junge Ideen für die Zukunft Europas“, welches im Laufe des letzten Jahres im Rahmen von vier #YoungCitizens’FutureLabs in Deutschland, Frankreich und Polen von 600 jungen EU-BürgerInnen diskutiert und ausgearbeitet worden war.
Zugleich bot ein EU Campaign Hub zehn weiteren Europakampagnen die Möglichkeit, insbesondere junge Menschen anzusprechen, sich zu präsentieren und zu vernetzen. Den Abschluss bildete eine Fishbowl-Diskussion zum Thema „Junge Ideen für die Zukunft Europas“ mit jungen Europawahl-KandidatInnen.
Dr. Werner Hoyer, Präsident des IEP, eröffnete die Veranstaltung und begrüßte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die jungen KandidatInnen, die TeilnehmerInnen des EU Campaign Hub sowie die rund 100 BesucherInnen.
40 Jahre nach der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament, so Hoyer, sei die Beteiligung der BürgerInnen an europapolitischen Prozessen wichtiger denn je. Wie die Auswirkungen des britischen Referendums zum Austritt aus der EU zeigten, dürften die großen Herausforderungen der EU nicht nur als Zuständigkeitsbereiche der mitgliedstaatlichen Regierungen angesehen werden, sondern erforderten ebenso die Teilhabe der EU-BürgerInnen, wie bspw. in Form von Bürgerforen. Insbesondere junge Menschen und deren Ideen spielten außerdem im EU-Integrationsprozess eine große Rolle. Dies würde sich deutlich im #EngagEU-Manifest widerspiegeln, so Hoyer.
#EngagEU-Projektmanagerin Jana Schubert und Rapporteurin Sara Kibler aus Frankreich, die das Manifest zum ersten Mal präsentierten, stellten daraufhin die vier Politikbereiche vor, in denen das Manifest besonderen Handlungsbedarf identifiziert und entsprechende Vorschläge formuliert: die Stärkung einer gemeinsamen europäischen Identität, die angestrebte globale Führungsrolle der EU in der Klimaschutzpolitik, die Umsetzung einer gemeinsamen Integrationspolitik und die konsequente Ausrichtung der EU-Außenpolitik an ihren eigenen Grundwerten.
Das grundlegende Anliegen des Manifestes fasste Sara Kibler schließlich so zusammen: „Wir wünschen uns mehr europäische Erfahrungen und Begegnungen!“ Es müsse daher mehr und bessere Kommunikation und Bildungsangebote über die EU geben. Ein konkreter Schritt in die Richtung eines gemeinsam gelebten Europas sollte daher sein, „am 26. Mai zur Europawahl zu gehen und eine Partei zu wählen, die sich nachhaltig für ein inklusives Europa einsetzt.“
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier identifizierte in seinem anschließenden Grußwort die Europawahlen als den entscheidenden Moment, um das „europäische Versprechen“ eines vereinten und friedlichen Europas zu erneuern.
Während er dank seines Amtes fast täglich die Chance habe, sich mit BürgerInnen zu treffen, die sich mit visionären Ideen und Projekten für die EU einsetzten, dürfe nicht vergessen werden, dass es noch eine andere, parallele Wirklichkeit gäbe: nämlich die, in der das Vertrauen der BürgerInnen in die politischen Institutionen erschüttert sei. Doch gerade in kritischen oder nationalistisch geprägten Debatten über die EU dürfe man nicht vergessen, auf welcher Geschichte Europa aufgebaut sei. Die Versöhnung Deutschlands mit seinen Nachbarländern nach zwei Weltkriegen, die Einhegung des Nationalismus und der Erhalt von Frieden seien die größten Errungenschaften der EU. Daher sei es so wichtig, dass die Überzeugung von einem erfolgreichen Europa stark bleibe. Vielmehr zeigten Initiativen wie die Protestbewegung „Fridays for Future“, dass nicht nur die Politik die Jugend mobilisieren kann – wie IEP-Präsident Werner Hoyer feststellte –, sondern dass die Jugend die Politik mobilisiere.
Bei seinem anschließenden Spaziergang über den EU Campaign Hub kamen die VertreterInnen der Europakampagnen mit dem Bundespräsidenten intensiv über ihre Initiativen und ihr Engagement ins Gespräch.
Den zweiten Teil der Veranstaltung bildete die Fishbowl-Diskussion mit sechs jungen Europawahl-KandidatInnen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, die Linke, FDP sowie Volt Europa.
Die Themen, die in der Diskussion besonders intensiv besprochen wurden, umfassten einerseits die Ausweitung des Europäischen Solidaritätskorps um einen verpflichtenden europäischen Zivildienst, und zum anderen die Etablierung einer Überwachungskapazität zum Schutz der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte. Der Vorteil eines europäischen Zivildienstes sei, so die Diskutanten, dass junge Menschen in der EU schon frühzeitig die Erfahrung machten, aktiver Teil der europäischen Zivilgesellschaft zu sein. Zugleich sei es aber auch wichtig, dass Europa freiwillig erlebbar sei, und dass ein europäischer Zivildienst, wenn er lediglich als Pflichtjahr absolviert würde, nicht automatisch einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine positive Selbstidentifikation mit der EU zur Folge haben müsse.
Beim zweiten Thema waren sich die jungen KandidatInnen weitestgehend einig, dass die EU in ihren Außenbeziehungen mehr Verantwortung übernehmen und ihre Grundwerte aktiv und konsequent überprüfen und verteidigen müsse. So solle die EU in ihren Wirtschafts- und Kooperationsabkommen mit Drittstaaten die Einhaltung der darin enthaltenen Menschenrechtsklauseln konsequent zur Grundbedingung der gegenseitigen Beziehungen machen. Zugleich sollten unabhängige Überwachungskapazitäten eingerichtet werden, um die Einhaltung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Menschenrechte auch innerhalb der EU gleichermaßen zu garantieren.
Bei der abschließenden Formulierung von Visionen für die EU zeigte sich dann: Fast alle jungen KandidatInnen forderten, dass die EU dringend Reformschritte einleiten und den Weg der vertiefenden Integration weitergehen müsse.
Angesichts der engagierten Diskussion und der großen Übereinstimmung in der Themensetzung zwischen den Europawahl-KandidatInnen und den Forderungen des Manifests, ging die #1stYoungCitizens’Convention erfolgreich zu Ende. Die Diskussion der Inhalte des Zukunftsmanifests wird im September 2019 im Rahmen einer #2ndYoungCitizens’Convention gemeinsam mit neu gewählten Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Brüssel fortgeführt.
Die #1stYoungCitizens’Convention wurde durchgeführt in Kooperation mit dem Bundespräsidialamt. Das Institut für Europäische Politik dankt dem Auswärtigen Amt für die freundliche Unterstützung und dem EU-Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ für die Kofinanzierung des Projekts #EngagEU.
Die Eröffnungsrede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier bei der #1stYoungCitizens’Convention ist hier abrufbar.
Autorin: Friederike Augustin