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11. Ukraine-Frühstücksgespräch: “Die Reform der öffentlichen Verwaltung in der Ukraine”

Eine weitrei­chende Reform der öffent­lichen Verwaltung ist eines der wichtigsten und dring­lichsten Themen, mit welchem die Ukraine gegen­wärtig befasst ist. Eine moderne und unabhängige öffent­liche Verwaltung ist eine notwendige Grundlage für einen erfolg­reichen und nachhal­tigen Reform­prozess in der Ukraine. Durch den Aufbau von neuen Struk­turen in der Verwaltung und durch die Gewinnung von neuem, hochqua­li­fi­ziertem Nachwuchs durch trans­pa­rente Auswahl­pro­zesse soll die Arbeits­weise der Behörden in der Ukraine schritt­weise an die von der OECD und EU vorge­ge­benen Standards angepasst werden.

Vor diesem Hinter­grund widmete sich unser elftes Ukraine-Frühstücks­ge­spräch am Mittwoch, den 16. Januar 2019 dem Thema der Reform der öffent­lichen Verwaltung in der Ukraine. Unsere Exper­tInnen, Dr. Violeta Moskalu, Teamlei­terin des Forschungs­pro­jekts „Civil Service Feedback Loop“ der Profes­sional Government Association of Ukraine (PGA), und Artem Shaipov, Vorstands­vor­sit­zender der PGA präsen­tierten die ersten Ergeb­nisse der „Civil Service Feedback Loop Initiative“ (CSFLI). Die PGA wurde 2014 als Alumni-Netzwerk ins Leben gerufen und bringt heute ca. 3.000 westlich gebildete ukrai­nische Jungaka­de­miker zusammen, um die Einbindung quali­fi­zierter junger Fachkräfte in die öffent­liche Verwaltung zu unter­stützen. Deren Feedback Loop-Initiative, die gemeinsam mit dem Center on Democracy, Develo­pment and Rule of Law (CDDRL), der Kyiv School of Economics und dem Sekre­tariat des Minis­ter­ka­bi­netts der Ukraine durch­ge­führt wird, zielt darauf ab, quali­tativ hochwertige Infor­ma­tionen zum Imple­men­tie­rungs­prozess der Reform der öffent­lichen Verwaltung zu erlangen und neue Impulse für die Zukunft der ukrai­ni­schen Verwaltung zu sammeln.

Um die Ergeb­nisse der Feedback-Initiative zu verstehen, lieferten Tetyana Kovtun, stell­ver­tre­tende Staats­se­kre­tärin im Minis­ter­ka­binett der Ukraine und Olesia Ogryzko, Projekt­ma­na­gerin im Bereich der öffent­lichen Verwaltung beim Reforms Delivery Office (RDO), die wichtigsten Hinter­grund­in­for­ma­tionen zum politi­schen Kontext der Reform per Skype. Der Euromaidan und die nachfol­genden fortschrei­tenden sozialen Bewegungen haben nach Ansicht der beiden Exper­tinnen einen starken Impuls für eine solche Reform der öffent­lichen Verwaltung geschaffen. Zu den wichtigsten Reform­maß­nahmen zählen die leistungs­ori­en­tierte Einstellung mit einem starken Fokus auf externe Kandi­da­tInnen, eine Gehalts­reform einschließlich einer höheren Lohntrans­parenz sowie Struk­turen zur Stärkung der politi­schen Entschei­dungs­findung und der Policy-Analyse. Der gemeinsame SIGMA-Bericht („Support for Impro­vement in Gover­nance and Management“) der OECD und der EU über die Lage der öffent­lichen Verwaltung in der Ukraine im Jahr 2018 bewertete die jüngsten Bemühungen und Entwick­lungen im Rahmen des Reform­pro­zesses im Allge­meinen als positiv. Die Bereit­stellung eines angemessen wettbe­werbs­fä­higen Gehalts­pakets für den öffent­lichen Dienst und die Einrichtung eines umfas­senden Daten­er­he­bungs­pro­jekts über die exakte Mitar­bei­terzahl der Beamten werden jedoch nach wie vor als weitrei­chende Heraus­for­derung betrachtet und bleiben Priori­täten der Reformagenda.

Nach diesem Überblick stellte Dr. Violeta Moskalu die ersten Ergeb­nisse der „Civil Service Feedback Loop Initiative“ vor. Nach ihrer Aussage bestehen die Heraus­for­de­rungen vor allem in der Vermittlung der Reform­stra­tegie und ihrer Ziele an die Öffent­lichkeit und an Beamte, insbe­sondere langjährige Bedienstete, sowie in der angemes­senen Einbindung auslän­di­scher Berater in den Prozess auf lokaler Ebene. Obwohl neu einge­stellte Beamte den Ergeb­nissen nach autonomer und fortschritts­ori­en­tierter sind als “alte” Funktionäre, gaben mehr als 23% der Ersteren an, dass sie von ihren direkten Vorge­setzten keine ausrei­chende Unter­stützung erhalten. Zu den wichtigsten Empfeh­lungen des Forschungs­teams gehören daher die Verbes­serung der Kommu­ni­kation der Reform des öffent­lichen Dienstes, ein stärkerer Fokus auf die Kultur innerhalb des öffent­lichen Dienstes als Reformziel sowie die Entwicklung eines umfas­senden Evalu­ie­rungs­me­cha­nismus in den Minis­terien und Regie­rungs­be­hörden. Moskalu fasste außerdem die langfris­tigen Pläne der Initiative zur weiteren Bewertung und Kontex­tua­li­sierung der öffent­lichen Verwal­tungs­reform zusammen, einschließlich einer verglei­chenden Studie zur Kultur innerhalb des öffent­lichen Dienstes in der Ukraine,und anderen Staaten sowie der Insti­tu­tio­na­li­sierung einer jährlichen Beamten­be­fragung in der Ukraine, um Verän­de­rungen im öffent­lichen Dienst im Laufe der Zeit verfolgen zu können.

Das Frühstücks­ge­spräch fand im Rahmen unseres Projektes „Platform for Analytics and Inter­cul­tural Commu­ni­cation“ (PAIC) statt, welches die Förderung der Fachkom­pe­tenzen ukrai­ni­scher Think-Tanks, die Schaffung von Synergien zwischen ukrai­ni­schen und deutschen Denkfa­briken und den Wissens­transfer über Prozesse in der Ukraine nach Deutschland zum Ziel hat. PAIC wird in enger Zusam­men­arbeit mit der Ilko Kucheriv Democratic Initia­tives Foundation und der Think-Tank Initiative think twice UA und mit der freund­lichen Unter­stützung durch das Auswärtige Amt durchgeführt.


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