5. Deutschland-Frühstücksgespräch in Kyjiw: „Ein Jahr nach dem Normandie-Gipfel in Paris: Wie geht es weiter?“
Am 9. Dezember 2019 trafen sich die Regierungschefs der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreich in Paris. Auch wenn der Konflikt um die besetzten Gebiete in der Ostukraine anhält, setzte die Gesprächsbereitschaft der Parteien ein wichtiges positives Signal. Darüber hinaus wurden konkrete Schritte vereinbart, die in der Zwischenzeit teilweise umgesetzt werden konnten.
Im Rahmen des 5. Deutschland-Frühstücksgesprächs, das am 11. Dezember 2020 als hybrides Format in Kyjiw, stattfand, wurde nicht nur über den aktuellen Stand der Friedensverhandlungen gesprochen, sondern auch über die Zukunft. Was tut die ukrainische Regierung für die Reintegration der besetzten Gebiete? Und was kann von Deutschland und der internationalen Gemeinschaft geleistet werden, um den Verhandlungsprozess voranzutreiben?
Wir freuen uns, dass wir auch für dieses Gespräch wieder hochrangige Experten sowohl aus Deutschland als auch der Ukraine gewinnen konnten. Vor Ort in Kyjiw nahm der Vizeminister und Minister für die Reintegration der temporär besetzten Gebiete in der Ukraine, Oleksiy Reznikov, teil. Aus Deutschland zugeschaltet waren Matthias Lüttenberg, der Referatsleiter für bilaterale Beziehungen zu den Staaten Mittel‑, Ost- und Südosteuropas, Zentralasien und dem Südkaukasus im Bundeskanzleramt und Bertram von Moltke, Gesandter der Deutschen Botschaft in der Ukraine.
Eröffnet wurde das Frühstücksgespräch von IEP Direktorin Katrin Böttger und Alyona Getmanchuk, der Direktorin des New Europe Centers (NEC) in Kyjiw. Im anschließenden Hauptteil der Veranstaltung betonten die Redner, dass der seit Juli 2020 anhaltende Waffenstillstand bis auf vereinzelte Zwischenfälle präzedenzlos stabil sei. Ebenso habe ein Austausch von Gefangenen stattgefunden, auch wenn das Prinzip „alle gegen alle“ noch nicht vollständig umgesetzt worden sei. Auf ukrainischer Seite seien neue Kontrollpunkte eingerichtet worden und es gebe Fortschritte im Entminungsprozess. Insgesamt gebe es innerhalb der Werchowna Rada einen erheblichen politischen Willen den Konflikt beizulegen. Dies äußere sich unter anderem in ihren Plänen zur Reintegration. Sowohl außen- als auch innenpolitisch habe Kyjiw die Handlungsspielräume klar definiert. Auf der russischen Seite würden die auf dem letzten Normandie-Gipfel vereinbarten Schritte jedoch nicht ganz so konsequent umgesetzt, wodurch bisweilen der Eindruck entstehe, man spiele auf Zeit.
Deutschland bekennt sich weiterhin entschieden zur territorialen Unversehrtheit der Ukraine und hält an den Minsker Vereinbarungen fest, die auch das Fortbestehen des Normandie-Gipfels garantieren. Zudem unterstützt die Bundesregierung aktiv den ukrainischen Reformprozess. Die Experten äußerten sich im Gespräch sehr optimistisch, dass dieser Kurs auch nach den deutschen Bundestagswahlen im Jahr 2021 beibehalten werden wird. Positiv hervorgehoben wurde außerdem die Monitoring-Rolle der OSZE-Sonderbeobachtungskommission (SMM) in der Ukraine.
Fragen und Kommentare aus dem Publikum betrafen vor allem mögliche Druckmittel gegenüber der Russischen Föderation sowie die Einschätzung der Experten, ob die US-amerikanische Regierung unter Joe Biden anders involviert sein wird und es für die USA und Deutschland eventuell wieder möglich sein wird, eine gemeinsame transatlantische Position einzunehmen. Im Gespräch wurde immer wieder betont, wie wichtig es sei, Dialogformate aufrecht zu erhalten. Dies gelte nicht nur für die hohe diplomatische Ebene, sondern auch für Initiativen wie die GURN-Frühstücksgespräche.
Die Deutschland-Frühstücksgespräche sind Teil des Projekts „German Ukrainian Researchers Network“ (GURN). Ziel des Projekts ist, ein deutsch-ukrainisches Netzwerk für Junior und Senior Researchers aufzubauen, die Expertise im Bereich Policy Analysis zu stärken und gemeinsame Forschungsprojekte zu fördern. GURN wird in enger Zusammenarbeit mit der Ilko Kucheriv Democratic Initiatives Foundation (DIF, Kyjiw), der „Think Tank Development and Research Initiative think twice UA” (Kyjiw), dem New Europe Center (NEC, Kyjiw) und mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amtes durchgeführt.