Das #4thYoungCitizens’FutureLab in Warschau: Europapolitik aus ost- und mitteleuropäischer Perspektive
Am 4. März 2019 hat das #4thYoungCitizens’FutureLab des Projekts #EngagEU, kofinanziert durch das Programm „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ der Europäischen Kommission, in Warschau stattgefunden. Zusammen mit fünf Europaexpertinnen und ‑experten diskutierten die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Herausforderungen, vor denen die Europäische Union und ihre Bürgerinnen und Bürger nach den Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 stehen würden. Der Fokus der Workshops lag dabei vornehmlich auf Polen und der Ukraine, aber auch auf allgemeinen Überlegungen zum europäischen Integrationsprozess. Daneben konzentrierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf identitätspolitische Herausforderungen sowie Integrationsfragen in Zeiten globaler Migration. Die anschließende öffentliche Debatte thematisierte vor allem Osteuropa im Spannungsfeld zwischen europäischer Integration und russischem Einfluss. Mehr als 130 Bürgerinnen und Bürger nahmen an den verschiedenen Workshops und der öffentlichen Debatte des #4thYoungCitizens’FutureLabs teil, die von WiseEuropa in Zusammenarbeit mit dem Centre of East European Studies organisiert wurden.
Während der Konsultationsphase des #4thYoungCitizens’FutureLabs wurden von den jungen Bürgerinnen und Bürgern verschiedene Herausforderungen identifiziert und folgende Forderungen entwickelt:
- die Förderung des gemeinsamen Binnenmarkts mit dem Ziel der Stärkung und Weiterentwicklung der Europäischen Union im Allgemeinen und der Stärkung des europäischen Wettbewerbs;
- die Ermutigung gemäßigter politischer Parteien zur Entwicklung politischer Ideen, die noch konkreter auf die Forderungen und Sorgen der europäischen Bürgerinnen und Bürger eingehen – das Hauptziel solle darin bestehen, die Menschen zu vereinen und nicht zu spalten;
- die Notwendigkeit einer Reform der EU-Institutionen, um deren Effizienz zu steigern;
- die Verbesserung der Integration von Migrantinnen und Migranten, beispielsweise durch Reformen und Projekte im Bildungssystem der EU-Mitgliedstaaten;
- die EU sollte als Hüterin europäischer Werte wie Vielfalt, Gleichheit, Menschenrechte und Zugang zu kostenloser Bildung für Männer und Frauen auftreten.
Im Anschluss an die Konsultationsphase während der Workshops fand eine öffentliche Debatte über „Die Wahlen zum Europäischen Parlament, Russland und das Machtspiel der Ukraine in Mittel- und Osteuropa“ statt. Die Diskussion wurde eingeführt von Carolina de Albuquerque und Klajdi Kaziu, die als Rapporteure die Diskussionsergebnisse der Vorgängerveranstaltung, des #3rdYoungCitizens’FutureLab, das wenige Wochen zuvor in Nizza stattgefunden hatte, zusammenfassten.
Agnieszka Lichnerowicz, Journalistin beim Radiosender TOM FM, moderierte die sich anschließende Diskussion über Russlands Macht und möglichen Einfluss auf die bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Darüber hinaus wurde diskutiert, inwieweit die rechten und europaskeptischen Bewegungen in Europa junge Bürgerinnen und Bürger in der EU beeinflussen. Dabei begann die Debatte mit einer Diskussion der Experten Adam Balcer (WiseEuropa), Paweł Kowal (Politikwissenschaftler und Kommentator, Experte für Osteuropa), Marcin Kędzierski (Forschungsdirektor, Think Tank „Klub Jagiellonski“), und Expertinnen Katarzyna Pełczyńska-Nałęcz (ehemalige Botschafterin Polens in Russland) und Ludwika Włodek (Dozentin am Zentrum für Osteuropäische Studien). Im Anschluss wurde die Diskussionsrunde für Fragen aus dem Plenum geöffnet.
Das Publikum interessierte sich vor allem für die Informationsverbreitung in Russland über die politische Situation Europas. Außerdem wurde nach Russlands Bereitschaft gefragt, in den kommenden Monaten in Ländern wie Belarus, der Ukraine oder den Balkanländern einzugreifen, und ob dies die öffentliche Meinung vor den Wahlen in der Ukraine beeinflussen könnten. Die Expertinnen und Experten schätzten militärische Aktivitäten seitens Russlands als unwahrscheinlich ein, da es einfachere und effektivere Einflussmöglichkeiten gäbe (z.B. Cyberterrorismus).
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war die Zukunft der Östlichen Partnerschaft und ihre abnehmende Bedeutung. Es wurde festgestellt, dass die Östliche Partnerschaft innerhalb der EU von keinem Land vorangetrieben und die internationale Resonanz der anstehenden Konferenz zur Östlichen Partnerschaft gering ausfallen würde. Unterstrichen wurde jedoch, dass eine wiederbelebte Partnerschaft der Auffrischung der Beziehungen zwischen der EU und ihren östlichen Nachbarn dienen würde.
Die Debatte zeigte, wie schwierig es ist, die Einflussnahme Russlands auf die EU zu verstehen und einzuschätzen. Der potenzielle russische Einfluss auf die Wahlen zum Europäischen Parlament könne jedoch nicht als Vorwand dienen, Diskussion über die schwierigen Herausforderungen wie Einwanderung, Cyberterrorismus, Diskriminierung und Populismus, denen die EU ausgesetzt ist, zu vernachlässigen. Umso wichtiger ist es folglich, den im Rahmen des #4thYoungCitizens’FutureLab entwickelten Ideen für die Zukunft der EU Gehör zu verschaffen. Im Rahmen des Projekts #EngagEU werden diese, gemeinsam mit weiteren Ideen vorheriger #YoungCitizens’FutureLabs, in dem mehrsprachigen Manifests „Junge Ideen für die Zukunft Europas“ konkretisiert und mit der Öffentlichkeit und Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern diskutiert.
AutorInnen: Johannes Hofmann/Jana Schubert